Miroslav Nemec: Wenn der Engel schimpft

Im BR-Tatortkrimi „Gesang der toten Dinge“ sind die Kommissare mit übersinnlichen Phänomenen konfrontiert. Miroslav Nemec alias Ivo Batic hat da auch privat eine Menge Erfahrung.
von  Abendzeitung

Im BR-Tatortkrimi „Gesang der toten Dinge“ sind die Kommissare mit übersinnlichen Phänomenen konfrontiert. Miroslav Nemec alias Ivo Batic hat da auch privat eine Menge Erfahrung.

Mit merkwürdigen Leuten bekommen es die BR-„Tatort“-Kommissare in ihrem Fall „Gesang der toten Dinge“ zu tun. Die Moderatorin einer Astro-Show ist tot, der Ehemann (André Eisermann) gerät unter Verdacht. Die alte Gärtnerin Fefi (Irm Hermann) scheint allerdings mehr zu wissen. Und ganz langsam beginnt Ivo Batic (Miroslav Nemec), Fefis seherischen Kräften zu vertrauen.

AZ: Herr Nemec, stehen Sie übersinnlichen Phänomenen offen gegenüber?

MIROSLAV NEMEC: Es gab in meiner Familie eine Frau, die manche als Hexe bezeichnet haben. Sie hat den Menschen die Zukunft vorausgesagt, und irgendwie hatte sie auch etwas Elektrisierendes.

Das haben Sie gespürt?

Ja, das muss ich wirklich sagen. Und sie hat mir zwei Dinge prophezeit, als ich im Sommer mit 14, 15 Jahren im Urlaub in Kroatien war: Erstens, dass ich Künstler werde, und zweitens, dass ich gerne ins Glas schauen werde.

Und – stimmt's?

Das Erste trifft ja wohl zu. Aber sie hat mir auch gesagt: Wenn ich etwas erreichen will, soll ich mich morgens vor das offene Fenster stellen und sagen: „Ich schaffe das.“

Auch das hat ja geklappt.

Sich vorzunehmen, etwas schaffen zu wollen, ist immer der richtige Weg, unabhängig von übersinnlichen Fähigkeiten. Meiner Mutter haben Zigeuner beigebracht, aus dem Kaffeesatz zu lesen. Das hat sie für ihre Freundinnen gemacht, eher im Spaß als im Ernst. Manchmal wollten auch die Männer ihre Zukunft vorausgesagt bekommen. Damals gab es bei uns ja auch noch wenig Unterhaltung.

Hat Ihre Mutter Ihnen das Kaffeesatzlesen beigebracht?

Nein, aber später hatte ich selbst einmal ein erstaunliches Erlebnis. 1984 war ich in Peking und Xiang, um die Terrakotta-Armee zu besichtigen. Und ich hatte wirklich das ganz starke Gefühl, schon einmal da gewesen zu sein. Kurz bevor ich nach Deutschland zurückkehrte, habe ich dann das erste und einzige Mal von meinem Engel geträumt. Es war eine Dame mit rauschendem Haar, die mich ein bisschen geschimpft hat. Warum, weiß ich gar nicht mehr.

Der „Tatort“ zeigt auch eine negative Seite der Thematik.

Ja, es kann gefährlich werden, wenn Scharlatane daraus ein Geschäft machen wollen, zum Beispiel „erraten“ wollen, was an der Börse passiert. Und dann gibt’s eine Finanzkrise.... Ich habe auch mal eine Frau gekannt, die ihren Tagesablauf nach ihrem Horoskop ausgerichtet hat. Komischerweise will der Mensch immer wissen, was die Zukunft bringt.

Seit Carlo Menzingers Abschied ermitteln immer wieder andere Kollegen an Ihrer Seite. Geht das so weiter?

Mal sehen. Diesmal kommt die Ermittlerin aus der Schweiz und wird von Sabine Timoteo gespielt, danach bekommen wir einen Italiener aus Verona. Im Fall darauf gibt es keinen Gastermittler. Wir wollten den Carlo Menzinger einfach nicht sofort ersetzen, man muss spüren, dass er weg ist. Vielleicht kommt irgendwann ein fester dritter Kommissar. Auf jeden Fall aber wird es langsam Zeit, dass uns Carlo mal in seine noble Villa einlädt.

Und dann wird er zum Mörder?

Nein, das passt nicht. Aber er könnte unter Verdacht geraten oder ein Problem haben, bei dem er unsere Hilfe braucht.

Helfen ist ein gutes Stichwort. Sie haben die Patenschaft zur ARD-Themenwoche „Ist doch Ehrensache“ übernommen.

Bürgerliche Initiative liegt mir am Herzen. Die Gesellschaft wird immer kühler: jeder für sich und Gott gegen alle.

Haben Sie die Befürchtung, dass die Menschen angesichts der Wirtschaftskrise noch egoistischer werden?

Vielleicht passiert ja auch das Gegenteil und die Menschen rücken näher zusammen. Das wäre meine Hoffnung. Zudem ist in Deutschland laut Schätzungen heute bereits ein Drittel ehrenamtlich aktiv, ein weiteres Drittel wäre bereit dazu.

Sie haben nach dem Bürgerkrieg 1994 in Ex-Jugoslawien die Menschen in Ihrer Heimat unterstützt, den Verein „Hand in Hand“ gegründet.

Mit dem Verein und der Unterstützung vieler Menschen haben wir in Istrien Häuser umgebaut und beim Aufbau der Infrastruktur des Dorfes geholfen, damit Familien Kriegswaisen aufnehmen können. Jetzt sind alle 46 Kinder, die dort gelebt haben, erwachsen und es soll ein neues Projekt entstehen – wieder für Kinder.

Angelika Kahl

ARD, 29. März, 20.15 Uhr

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