Milow: Vom No-Name zum Mädchenschwarm
Die Erfolgsgeschichte des belgischen Singer-Songwriters könnte aus der Feder eines wenig originellen Drehbuchautors stammen. Vor zwei Jahren bestenfalls Insidern bekannt, katapultierte sich der Selfmademusiker über Nacht an die Spitze der Charts und in die Herzen vor allem weiblicher Fans.
Hollywood grüßt von ferne, als Milow sich auf die Bühne des gut gefüllten Zeniths schleicht. Denn nicht nur sein Schriftzug im Hintergrund erinnert mit den weißen Lettern an das legendäre Hollywood Sign. Auch die Erfolgsgeschichte des belgischen Singer-Songwriters könnte aus der Feder eines wenig originellen Drehbuchautors stammen. Vor zwei Jahren bestenfalls Insidern bekannt, katapultierte sich der Selfmademusiker mit dem 50 Cent-Cover „Ayo Technology“ über Nacht an die Spitze der Charts und in die Herzen vor allem weiblicher Fans.
Diesen Erfolg kostet Milow aus – innerhalb eines Jahres tritt er in München bereits ein rekordverdächtiges drittes Mal auf. An seinem eingängigen Softpop-Konzept hat sich derweil nichts geändert. Ob federnder Countrysound („Stephanie“), ironische Huldigung an sein Vorbild Neil Young („Canada“), Valentinstag-taugliche Balladen („Out Of My Hands“) oder melancholische Vergangenheitsbewältigung („Born In The Eighties“): Milow findet mit seiner leicht verrauchten, angenehm weichen Stimme die richtige Mischung für den fast zweistündigen Abend unter Freunden.
In der Zwischenzeit dürfen gut gelaunte Bandkollegen deutschsprachige Gassenhauer („99 Luftballons“) anspielen oder neue Songs („In My Pocket“) erfolgreich auf ihre Massentauglichkeit testen. Wie bei anderen Auftritten unterläuft Milow bereits zu Konzertbeginn ein deutlicher Texthänger, den er milde lächelnd („Scheiße“) kommentiert. Dieser Patzer lässt seine Fans aufjohlen und passt bestens zum Image des charmanten Belgiers: Milow, ein authentischer Sänger, der nicht frei von Fehlern ist und mit perfektionistisch-unterkühltem Popeinerlei nicht zu tun haben will.
Überhaupt besitzt der schmächtige Glatzkopf ein glänzendes Gespür für Dramaturgie. Nachdem Milow „Ayo Technology“ als Konzerthöhepunkt in eine elektronisch auffrisierte Mitsing-Partydampflock verwandelt, gönnt er sich zum Ausklang einen zitatreichen „Unplugged“-Schlussakkord, der den Bogen ganz Hollywood-gemäß wieder an seine Anfangszeit als Pop-Niemand spannt.
Florian Koch