Mikrokosmos Hotel

Sofia Coppola hat sich längst aus dem Schatten ihres Vaters Francis Ford Coppola befreit. Mit dem Drama „Somewhere“ knüpft die Regisseurin an den Erfolg von „Lost in Translation“ an
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Sofia Coppola hat sich längst aus dem Schatten ihres Vaters Francis Ford Coppola befreit. Mit dem Drama „Somewhere“ knüpft die Regisseurin an den Erfolg von „Lost in Translation“ an

Ich habe ein Faible für Hotels“, gibt sie zu. Und so spielt Sofia Coppolas neue melancholische Komödie „Somewhere“ in einem Hotel. Nicht in irgendeinem, sondern im berühmten Chateau Marmont Hotel am Sunset Boulevard, dem berühmt-berüchtigten „Wohnzimmer“ der Stars, in dem schon Errol Flynn und Humphrey Bogart herumhingen, und durch dessen Lobby Mitglieder der Rockband Led Zeppelin mit Motorrädern bretterten.

Hier vertrödelt der ausgebrannte und gelangweilte Hollywoodstar Johnny Marco, wenn er nicht gerade mit dem Ferrari seine Runden dreht, die Zeit mit Blondinen. Erst als er sich um sein 11-jähriges Töchterchen kümmern muss, spürt er plötzlich wieder das echte Leben und verlässt die Luxusbleibe.

Anonyme Orte und Zwischenstationen üben eine „fast magische Anziehung“ auf Sofia Coppola aus – in der Kulturschock-Komödie „Lost in Translation“ (2003) ging es um das Unbehaustsein von Bill Murray im fernen Japan, auch „Marie Antoinette“ (2006) spiele eigentlich nur in einem großen Hotel namens Schloss Versailles, meint sie.

Sofia Coppola kennt das legendäre Chateau Marmont aus Kindertagen und wurde bei Dreharbeiten ihres berühmten Vaters Francis Ford Coppola in diversen Hotelzimmern groß: „Mich fasziniert dieser fast hermetisch abgeschlossene Mikrokosmos, da kann man richtig schön mit sich allein sein.“

Das Chateau Marmont habe sich geändert: „Diesen Celebrity-Kult mit den überall lauernden Paparazzi gab es nicht, die Schauspieler bestanden auf ihrer Privatsphäre. Heute dagegen warten sie oft schon auf die Fotografen. Die Klatschblätter brauchen eben ständig neues Futter.“ Im Gegensatz zu den üblichen Hollywoodfilmen setzt sie auf Schweigemomente: „Jeder hängt heute am Blackberry und gerät fast in Panik, wenn mal fünf Minuten keine Mail oder kein Anruf kommen. Ich erzähle meine Geschichten über Bilder. Die habe ich oft schon beim Schreiben im Kopf.“

Vom Daddy viel gelernt

Im Alter von zehn Monaten gab sie in der Taufszene von „Der Pate“ ihren Einstand, nach der „Goldenen Himbeere“ als schlechteste Schauspielerin in Papas „Der Pate III“ (1990) wandte sie sich der Regie zu, legte mit 29 Jahren ihr preisgekröntes Regiedebüt „The Virgin Suicides“ (1999) vor. „Lost in Translation“ brachte ihr den Drehbuch-Oscar, nach der Studioproduktion „Marie Antoinette“ mit Cousin Jason Schwartzman hatte sie „wieder Lust auf einen unabhängig produzierten, persönlichen Film“. So entstand „Somewhere“, ausgezeichnet mit dem „Goldenen Löwen“ in Venedig.

Schon lange hat sie sich aus dem Schatten des Vaters befreit: „Vielleicht hat der Name Coppola am Anfang den Zugang zum Filmgeschäft erleichtert. Aber Film ist ein hartes Geschäft, wenn es um Geld geht, hört jede Gefälligkeit auf. Mir wurde kein roter Teppich ausgerollt.“ Von ihrem Daddy habe sie viel gelernt, vor allem, dass man seiner inneren Stimme folgen und einen Film „mit Herzblut“ machen, von Anfang bis Ende begleiten müsse. Deshalb schreibt sie auch ihre Drehbücher selbst. Sie betrachtet sich als Independent-Regisseurin, die jedes Mal ihre Kreativität ausloten will.

Zweifache Mutter

Schon während der sechsmonatigen Schreibphase dachte Coppola an den Hauptdarsteller Stephen Dorff, „ich wollte keinen berühmten Schauspieler, bei dem man Fiktion und Wirklichkeit verwechselt. Wichtig war mir auch, dass man ihn lieben kann, auch wenn er vielleicht nicht der super sympathische Typ ist.“

Die zweifache Mutter fühlt sich durch die Töchter (sechs Monate und vier Jahre alt) nicht in der Arbeit eingeschränkt: „Mit ihnen gewinne ich ständig neue Erfahrungen, werde geduldiger und komme von der Hektik runter, gehe alles etwas entspannter an.“

Einen Masterplan für ihre Karriere verfolgt die 39-Jährige nicht. Am Anfang eines Projekts stehen immer mehrere Ideen, sie folge derjenigen, bei der sie vom Hauptcharakter nicht loskomme.

Und warum dreht sie keine klassischen Hollywoodfilme? Sie sei, sagt Sofia Coppola, in der Nähe von San Francisco aufgewachsen. Da entwickle man eine „natürliche Distanz“ zur Filmmetropole. Rechnet sie mit einem Oscar für „Somewhere“? Coppola gibt sich bescheiden. Nein, das sei derzeit kein Thema.

Margret Köhler

„Somewhere“ , ab Donnerstag in den Kinos: Atlantis (OmU), Cinema (OV), City, Leopold

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