Messi, Ronaldo und Händel in der Champions League

Wenn der Sport mehr Pathos braucht, greifter auf die klassische Musik zurück
von  Abendzeitung

Wenn der Sport mehr Pathos braucht, greifter auf die klassische Musik zurück

Die Geigen dribbeln, werden aber gleich wieder von den gegnerischen Mandolinen abgefälscht. Das unerquickliche Spiel wiederholt sich und mündet in einen Freistoß der Streicher. Von den Rängen weht ein seifiger Jubelchor herüber.

Fußballfans müssten dieses Stück kennen: Die Hymne erklingt in der Champions League vor Spielbeginn. Ein gewisser Tony Britten arrangierte sie 1992 auf Geheiß der UEFA-Funktionäre.

Lauter unsportliche Komponisten

Der Genius hinter dem Unbekannten heißt Georg Friedrich Händel. Er dürfte wegen seines Leibesumfangs körperlichen Übungen abhold gewesen sein. Herr Britten hat ein jedem Briten Geläufiges aufgepeppt: Das Anthem „Zadok the Priest“ wird auf der Insel seit 1727 bei jeder Königskrönung gespielt. Für Kickerzwecke wurde ein die Salbung Salomons preisendes Bibelwort durch sinnfreies Stammeln wie „eine große sportliche Veranstaltung“ und „Sie sind die Besten“ in Englisch, Französisch und Deutsch ersetzt.

Auch die Interpreten sind keine Unbekannten: Vom Band spielt das Royal Philharmonic Orchestra, der dünne Gesang kommt vom Chorus der Academy of Saint Martin in the Fields. Wenn’s um finales Pathos geht, werden bei den Leibesübungen die Klassiker unverzichtbar, auch wenn Verdis Triumphmarsch aus „Aida“ in den Stadien zuletzt außer Mode geraten ist.

Unverändert beliebt bei Boxern und anderen Siegern bleibt das donnernde „O fortuna“ von Carl Orff aus „Carmina burana“. Das Stück feiert die Idee des durch nichts zu bezwingenden Glücks, was bei sportlichen Veranstaltungen irgendwie immer passt.

Unverzichtbar ist auch die Eingangsfanfare aus „Also sprach Zarathustra“ von Richard Strauss. Der Komponist lebte in Garmisch, war ein begeisterter Bergwanderer und hat 1936 für Berlin eine grausig fade Olympiahymne komponiert. Sollte jemand für die in München und Umgebung angedachten Winterspiele 2018 auf die Idee kommen, seine Klänge zu verwursten, sei er hiermit gewarnt: Skifahren hielt Strauss für eine allein norwegischen Landbriefträgern angemessene Beschäftigung.

Robert Braunmüller

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