Melodramatische Kunst: Die "Jane Eyre"-Neuverfilmung

„Jane Eyre”: Wie man das romantische Liebes- und Sozialdrama von Charlotte Brontë kitschfrei und packend verfilmen kann
Adrian Prechtel |
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Erst eine romantische Mädchen-WG, aber auch in den jungen Folgejahren bilden die Schwestern oft eine Hausgemeinschaft – und sie schreiben: Emily, Anne und Charlotte Brontë (1816 – 1855), die Älteste, von der „Jane Eyre” stammt.

Die schwärmerisch-tragischen Melodramen der Brontë-Schwestern zu verfilmen braucht Fingerspitzengefühl, um nicht in Kitsch zu verfallen, sich in englischem Landhaus-Dekor zu verlieren oder gar Armut zu romantisieren.

Denn – und das ist der Erfolgstrick – in einem Roman wie „Jane Eyre” ist alles kunstvoll reingepackt, was ein Leserherz begehrt: Waisenhaus, garstige Pflegeeltern mit Kindern, die Jane drangsalieren, grausame Internatszeit. Dann eine Erzieherinnen-Stelle in einem herrschaftlichen Haus (eine autobiografische Erfahrung), wo eine unmögliche Liebe zum Hausherren entsteht, einem Filou, der ein Spiel mit ihr treibt. Eine Frau aus höheren Kreisen als Konkurrentin, ein geheimnisvolles weibliches Gespenst hinter verschlossenen Türen, Enttäuschung, Flucht und Neuanfang im Pfarrhaus (mit vielen Anspielungen an die eigene Kindheit), dann die dramatische Wendung – zum Guten.

Der kalifornische Regisseur Cary Joji Fukunaga hat schon mit einem harten mexikanischen Gang-Film („Sin Nombre”) gezeigt, dass man große Gefühle mit realistischer Härte kombinieren muss, nicht um einen noch größeren Kontrast-Effekt zu gewinnen, sondern um Süßlichkeit zu vermeiden, die sich im englischen Landhausstil leicht einstellt.

Blickt man von heute zurück, bleibt der Schauer der Klassengegensätze, des Mangels, der Schwindsucht (an der auch Charlotte Brontë selbst mit erst 39 Jahren starb). Gleichzeitig wächst die Romantik der noch einsamen englischen Landschaft, spürt man Beruhigung über die frühe Emanzipation – bei aller Zurückgenommenheit betreiben die Frauen hier schon ihre eigenen Lebensziele. Und sehnsüchtig erlebt man die Glaubensfestigkeit in Pfarrhäusern, die hier Refugien der Menschlichkeit sind.

Durch diese Kombination sind uns diese Geschichten gleichzeitig nostalgisch fern, aber modern genug, um sie noch interessant zu finden. Und diese Verfilmung findet in alledem eine gelugnene Balance.


Kino: ABC, City, Cinema (OV), Eldorado (OmU)
R: Cary Fukunaga
(GB, USA, 120 Min.)

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