„Meine Frau hat mich gerettet“

Robert Atzorn, war im Laufe seiner Karriere schon Pfarrer, Lehrer und "Tatort"-Kommissar. Am Mittwoch spielt er in der ARD (20.15 Uhr) einen Trinker. Im wahren Leben war er selbst alkoholabhängig. Der Schauspieler über Sucht, Ängste und Familie
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Robert Atzorn und seine Frau Angelika sind seit mehr als 30 Jahren verheiratet. Vor zwei Jahren haben sie ihr Eheversprechen erneuert.
dpa 2 Robert Atzorn und seine Frau Angelika sind seit mehr als 30 Jahren verheiratet. Vor zwei Jahren haben sie ihr Eheversprechen erneuert.
Ohne einen Schluck zu trinken hält es Hochschulprofessor Ludwig (Robert Atzorn) nicht mehr aus.
SWR 2 Ohne einen Schluck zu trinken hält es Hochschulprofessor Ludwig (Robert Atzorn) nicht mehr aus.

Robert Atzorn, war im Laufe seiner Karriere schon Pfarrer, Lehrer und "Tatort"-Kommissar. Am Mittwoch spielt er in der ARD (20.15 Uhr) einen Trinker. Im wahren Leben war er selbst alkoholabhängig. Der Schauspieler über Sucht, Ängste und Familie

Er wälzt sich stöhnend auf der Liege. Seine Leber bereitet ihm höllische Schmerzen: Der Entzug. Robert Atzorn spielt im SWR-Film „Mein Mann, der Trinker“ einen Hochschulprofessor, der seit Jahren heimlich zur Flasche greift. Das Erste zeigt das Drama mit Atzorn und Franziska Walser am Mittwoch um 20.15 Uhr.

AZ: Herr Atzorn, seit man weiß, dass Sie selbst einmal alkoholsüchtig waren, findet sich im Internet im Zusammenhang mit Ihrem Namen fast nur noch dieses Thema.

ROBERT ATZORN: Ist das so? Naja, wenn ich andere Frauen gehabt hätte, würde das drinstehen. Ich sehe das gelassen.

Wie lange ist das her?

Mehr als 30 Jahre. Dass ich aber der Einzige in dieser Branche wäre, kann ich nun nicht gerade glauben. Suchtgefahr hat Gründe, und die werden im Film wunderbar gezeigt.

Welche sind das?

Wenn du Alkohol trinkst, dann hast du einen Tag Urlaub. Du vergisst alles, eine Weile lang. All das geschieht schleichend. Du trinkst, und irgendwann ist es jeden Tag eine Flasche Wein. Oder zwei.

Wo erinnert die Figur an Sie selbst?

Ich habe eine Suchtstruktur in mir. Wenn ich meinen Kopf nicht einsetzen würde, wäre ich gefährdet. Dabei muss es nicht mal um Alkohol gehen. Es könnte auch Fernsehsucht sein oder Fresssucht. Meine Figur im Film trinkt, um mit einer Lebenslüge fertig zu werden. Bei mir waren die Gründe damals eher mit Ängsten verbunden.

Welche Ängste meinen Sie?

Angst vor Menschen, Angst, rauszugehen, Angst, zu meiner Meinung zu stehen. Ich war damals einfach total schüchtern. Und mit Alkohol ging das besser, er lockert die Zunge. Ich hatte Erfolgserlebnisse, war witziger.

Kannten Sie Alkoholismus aus der Familie?

In gewisser Hinsicht hat mein Vater mir vorgelebt, dass Probleme eben auch so zu lösen sind, mit Alkohol. Schauspieler bin ich wegen ihm geworden.

Wie meinen Sie das?

Nun, ich wie alle Kinder, dass mich die Eltern mögen. Aber das war mit meinem Vater nicht zu machen. Er war Fernsehkritiker. Ich wollte ihm zeigen: Das kann ich schon lange. Aber als ich im Fernsehen war, hat er immer andere besser gefunden.

Sie sind 1945 geboren, Ihr Vater war im Krieg. Wann haben Sie ihn kennengelernt?

Da war ich dreieinhalb. Er kam aus der Gefangenschaft nach Hause. Ich hatte mich bis dahin an meinem Opa orientiert. Mein Vater hat mich nie wirklich akzeptiert.

Woran lag das?

Zwischen uns stand immer etwas. Ich bin zweimal sitzengeblieben, was er ganz furchtbar fand. Und meine künstlerischen Ambitionen, das Schlagzeugspielen, fand er fürchterlich. Wie so viele, die im Krieg waren, war er gebrochen. Seine eigenen Geschichten hat er nie erzählt, er hat sie sich einfach weggetrunken. Vor sechs, sieben Jahren ist er gestorben. Ausgesprochen haben wir uns leider nie. Es hat uns beide um vieles gebracht.

Wie haben Sie Ihre Sucht in den Griff bekommen?

Es änderte sich alles, als ich meine Frau kennen lernte. Sie holte mich weg davon. Sie war Tänzerin, eine Sportlerin, die nie getrunken hat. Außerdem wurde mir klar, wie sehr ich mich schädigte. Ich merkte auf der Bühne, dass meine Stimme beeinträchtigt war.

Waren Sie auf Entzug?

Ich machte eine Therapie, aber nicht speziell auf Alkohol gemünzt, sondern eine, um meine Probleme zu lösen. Meine Frau war dabei. Womöglich ist es deshalb so eine gute Beziehung geworden.

Wonach sind Sie heute noch süchtig?

Nur nach Zeit. Jetzt gerade habe ich bis Ende September frei. Ich lebe am Chiemsee, gehe im See schwimmen, kann ausschlafen. Meine Frau und ich bauen ein Haus.

Haben Sie Ihre Kinder vor dem Alkohol gewarnt?

Kinder schauen sich alles ab. Du kannst keinen Wein trinken und zu ihnen sagen: Trink keinen Alkohol! Heute sind sie aus dem Haus. Es ist so wichtig, dass man den Kindern so viel Aufmerksamkeit und Liebe wie möglich gibt. Das ist die beste Investition in die Zukunft.

Trinken Sie heute noch ab und an ein Glas Wein?

Ganz selten, und es gibt mir auch nichts.

Was mögen Sie stattdessen?

Tee, auch abends. Wobei ich neulich gehört habe, zu viel davon soll auch ungesund sein.

Kai-Oliver Derks

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