Mehr Wiedergabe als Interpretation
Martin Stadtfeld beendet seinen Zyklus aller Klavierkonzerte Beethovens in der Philharmonie
Es ist schon seltsam: Beethoven verwendete viel Zeit und Anstrengung darauf, sein einziges Konzert für Geige in ein Klavierkonzert zu verwandeln. Sogar eine riesige Solo-Kadenz komponierte er dafür, die sich Helden der Violine öfter ihrem Instrument anverwandelt haben. Doch Pianisten verschmähen dieses Konzert Numero Sechs. Kein großer Tastenlöwe hat es je gezähmt.
Es war daher fast etwas mutig von Martin Stadtfeld, das geschmähte Stück in seinen auf drei Nachmittage angelegten Zyklus aller Klavierkonzerte aufzunehmen. Es kommt seiner lyrischen Begabung entgegen, allerdings orientierte er sich an der spezifisch deutschen Tradition eines langsamen Grundtempos mit der Tendenz zum grüblerischen Verweilen. Die martialischen Solo-Kadenzen mit Pauken-Solo sind allerdings starke Argumente gegen die übliche philosophische Auffassung des Konzerts. Der zweite und dritte Satz passen auch so gut zum Klavier, dass das übliche Verdikt gegen diese eigenhändige Bearbeitung ein wenig ungerecht wirkt.
Bei der einleitend gespielten Beethoven-Ouvertüre „Die Geschöpfe des Prometheus“ musste sich das Philharmonische Kammerorchester unter Lorenz Nasturica-Herschkowici erst zu richtigen Münchner Philharmonikern zusammenraufen. Die ersten Geigen blieben allerdings durchwegs scharf. Im imperialen Klavierkonzert Nr. 5 verstand sich Stadtfeld als symphonischer Partner und nicht als Gegenspieler des Orchesters. Er spielte die Ecksätze souverän und kraftvoll, erfreute mit einem subtil-nachdenklichen Adagio, setzte aber kaum persönliche Duftmarken. Die Auffungrung blieb mehr Wiedergabe als Interpretation – wenn aber alles sonst rundherum stimmt wie an diesem Nachmittag, vermisst man trotzdem fast nichts.