Mehr Piazza-Gefühl wagen: Begrünung des Max-Joseph-Platz

Altstadt - Kritiker vermissen seit Jahren ein italienisches Piazza-Gefühl und monieren ein städtebauliches Durcheinander aus einer Tiefgaragenzufahrt, Radwegen und Fußwegen, Verkehrsschildern und sogenannter Straßenmöblierung auf dem Max-Joseph-Platz. Am Montag sprach die Zweite Bürgermeisterin Katrin Habenschaden auf dem roten AZ-Sofa im Deutschen Theater von einem "Durchbruch". Denkmalschutz, Lokalbaukommission, Residenztheater und Staatsoper hätten sich auf eine Begrünung geeinigt.
Für eine Irritation sorgte die vom Baureferat erstellte Simulation. Eine Blumenwiese rund um das Denkmal des ersten bayerischen Königs Max I. Joseph würde künftig "Oper für alle" an dieser Stelle unmöglich machen. Die beliebte Übertragung einer Festspielvorstellung aus dem Nationaltheater lockt bei gutem Wetter seit 1990 jährlich rund 10.000 Besucher an. Die von Peter Jonas aus England importierte und vom finanzierenden Münchner Autohersteller auch auf den Berliner Bebelplatz exportierte Gratis-Veranstaltung gilt als Flaggschiff und Symbol eines neuen, anti-elitären Verständnisses von Musiktheater.
"Oper für alle" besteht fort
Aus dem Rathaus und der Staatsoper heißt es ausdrücklich, dass es "Oper für alle" weiter geben wird. In manchen Köpfen scheinen die unter der gleichen Marke veranstalteten und vom neuen Intendanten Serge Dorny in den Frühherbst verlegten Konzerte in Ansbach (2021) und Rosenheim (2022) eine gewisse Verwirrung gestiftet zu haben. Dieser Auftritt des Bayerischen Staatsorchesters mit einem symphonischen Programm oder Opernausschnitten fand teilweise auch auf dem Platz vor dem Nationaltheater statt, öfter jedoch auf dem Marstallplatz hinter dem Gebäude, wo es in diesem Jahr Schumanns Klavierkonzert (Solist: Yefim Bronfman) und "Eine Alpensinfonie" von Richard Strauss geben wird.

Niemand hat aber die Absicht, auch die Opernübertragung auf den Marstallplatz zu verlegen. Tatsächlich gibt es noch keine konkrete Planung für die Begrünung, das kursierende Bild ist lediglich eine Visualisierung der Möglichkeiten. Bäume können wegen der Tiefgarage unter dem Platz ohnehin nicht gepflanzt werden. Hier scheint man an Töpfe zu denken, die bei einer Veranstaltung verschoben werden könnten.
Die klarsten Vorstellungen formuliert auf Nachfrage das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, das von einer "Interimslösung" spricht. "Sowohl die Tiefgarage unter dem Platz, als auch die Zufahrtssituation bleiben davon unberührt." Für eine endgültige Lösung ohne Tiefgarage oder eine deutlich verbesserte Zufahrt verlangen die Denkmalpfleger einen Gestaltungswettbewerb.
"Interimslösung" in Planung
Der unbequem zu begehende und auch etwas angeschlagene Kieselbelag rund um das Denkmal sind laut Landesamt nicht historisch. Sie wurden nach der Errichtung der Tiefgarage in Anlehnung an die ursprüngliche Pflasterung verlegt. "Historisch betrachtet war dieser nach italienischem Vorbild angelegte Platz immer in unterschiedlichen Mustern und Oberflächen gepflastert und nicht flächig begrünt", so die Sprecherin. Zentral sei, dass keine Vorfestlegung für eine Neukonzeption der Tiefgarageneinfahrt entstehe. "Die von der Stadtverwaltung hierfür ins Spiel gebrachte Verlegung der Zufahrten in die Maximilianstraße käme für das Landesamt für Denkmalpflege keinesfalls in Frage", heißt es weiter.
Was auch immer kommt: Es ist ein Probelauf. Wobei Interimslösungen in München schnell den Charme von Dauerhaftigkeit bekommen. Ob eine kleinteilige Möblierung und Topfpflanzen in der nördlichsten Stadt Italiens jenes ominöse "Piazza-Gefühl" entstehen lassen, von denen manche Beobachter träumen, sei mit Blick auf die naturbefreite Piazza della Signoria in Florenz oder die Piazza del Campo in Siena dahingestellt.
Die vielen fliegenden Bauten am sommerlichen Odeonsplatz sind eine Warnung vor zu viel Halligalli. Auch ein leerer Platz kann schön sein. Und was der Max-Joseph-Platz sicher am wenigsten braucht, ist eine Bajuwarisierung durch noch mehr Freischankflächen oder gar einen Biergarten. Das sind Begehrlichkeiten, die schnurstracks in die Provinzialisierung führen.