Mehr Anarchie wagen!
Mangelnde Vernetzung zwischen den Studenten und mit der Branche - das sind die Vorwürfe gegen die HFF. Die AZ lud zum Podiumsgespräch über die Zukunft der Münchner Filmhochschule.
Kaum zu glauben, aber alles ist eine Frage der Perspektive. Selbst das schöne Wort „Unruhe“ ist kein eindeutiges. Ein kleiner Sturm ging los in der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF), nachdem Studenten im Frühjahr mittels Flugblättern – „Wir sind die HFF!“ – darauf aufmerksam machten, dass wenig glatt läuft im Neubau am Bernd-Eichinger-Platz. Nachdem die AZ darüber berichtete, ging es dort noch etwas turbulenter zu, doch HFF-Professorin Michaela Krützen kennt sich aus in der Bedeutungsvielfalt der Worte: Unruhe, das sei doch das Beste was einer Hochschule passieren könne, oder nicht?
Die AZ lud am Montag zur Diskussion über die Zukunft der HFF, und es entwickelte sich unter der Moderation von AZ-Filmredakteur Adrian Prechtel ein recht sturmfreies Gespräch zwischen Studentenvertretern, Produzenten, HFF-Chef Andreas Gruber und seiner Mitstreiterin Krützen. Die mangelnde Verzahnung der einzelnen Abteilungen wurde erneut beklagt, „jeder macht sein Ding“, betonte HFF-Absolvent und Ratpack-Produzent Christian Becker. Die Studentenvertreter Sedat Aslan und Rafael Parente plädierten erneut dafür, dass die Studenten stärker bei der Hand genommen werden sollen.
„Es war uns relativ wurscht, was der Professor machte.“
Mehr Einflussnahme bei der Gruppenbildung – da erinnert Caligari-Produzentin Gabriele M. Walther, die bereits zu HFF-Zeiten mit Roland Emmerich ein schlagkräftiges Team bildete, an anarchische Zeiten: „Es war uns relativ wurscht, was der Professor machte.“ Laissez-faire oder mehr Fürsorge – an der Vernetzung der Studenten, ohne böse Bevormundung, muss an der HFF (weiter) getüfelt werden.
Andreas Gruber zeigte sich bemüht um mehr Kommunikation und kündigte an, dass die Lehre immer breiter angelegt werde. Ja, werden müsse. Der Filmstudent der Zukunft muss ein Allrounder in Sachen Drehbuch, Regie, Produktion sein – egal, wo sein Hauptfach liegt. Zudem möchte Gruber sich um die erfolgreichen Serienmacher aus den USA als illustre Gastdozenten bemühen. Und Erfolge gebe es doch weiterhin: HFF-Student Doron Wisotzky hat etwa das Drehbuch für die neue Matthias-Schweighöfer-Komödie „Schlussmacher“ geschrieben. Rafael Parente berichtete hingegen von den Problemen eines jungen Filmemachers, der eine Komödie drehen will - mangelt es an Bereitschaft auf Seiten der Hochschule, als auch auf Seiten der Produzenten, aufregendes Genrekino fern vom ernsten Drama zu produzieren?
BR-Fernsehdirektorin Bettina Reitz jedenfalls sendete aufmunternde Signale: Der BR strukturiere sich gerade mächtig um, „wir erwarten doch Impulse von einer Hochschule!“ Nicht nur der Strom zwischen den Studenten, auch hin zu den Produzenten muss offenbar (mehr) zum Fließen gebracht werden. Michaela Krützen setzte alles gedanklich auf die HFF-To-Do-Liste. In aller Seelenruhe.
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