Mehr als „der dicke Mime“: Otti Fischers neues Programm
Ottfried Fischer schlägt eine Schneise durch die Zuschauer. Einmal quer durch den Saal geht er, um auf die Bühne zu kommen. Oben angekommen sagt er: „Man braucht nicht den Defiliermarsch, um eine Schneise zu schlagen ins Publikum. Man muss nur durchrollen.“ Und genau das tut Fischer bei der Premiere seines neuen Programms „Otti und die Heimatlosen“ am Samstagabend in München auch. Er rollt gewissermaßen durch den bayerischen Katholizismus, die Münchner Theaterlandschaft und die Fußball-Bundesliga.
Mehr als nur unterstützt wird Fischer dabei von den „Heimatlosen“, einer Vierer-Combo aus Trommler, Posaunist, Trompeter und Akkordeon-Spieler, die das, was er sagt, musikalisch untermalen und bestärken. In einer Mischung aus Jazz und bayerischer Blasmusik präsentieren sie – je nach Thema – „Anton aus Tirol“ oder „Großer Gott, wir loben Dich“ in einer ganz eigenen Version.
Obwohl dem 58-Jährigen seine Parkinson-Erkrankung deutlich anzumerken und er zuweilen schwer zu verstehen ist – sein Programm hat an Witz und Scharfzüngigkeit nichts eingebüßt. „Wie soll der Bayer sich selbst verstehen, wenn schon die ganze Welt ihn nicht versteht?“ Fischer denkt gar nicht daran, sich von der Krankheit aufhalten zu lassen. Auch einen minutenlangen Hustenanfall, der just in dem Moment einsetzt, als er zum Rundumschlag gegen die katholische Kirche ansetzen will, arbeitet er einfach ins Programm ein. Er vermutet den „Herrgott“ hinter dem Anfall. „Ich hoffe, er lässt es zu. Es geht um ihn.“
Und dann legt Fischer los: „Altötting, das ist wie Mekka, bloß mit Bier“, sagt er über den oberbayerischen Wallfahrtsort und fügt hinzu: „Wenn das bayerische Brauereiwesen etwas expansiver wäre, wären die Religionen nicht so weit auseinander.“ Nirgendwo, so sagt er, gibt es so viele Atheisten wie in einem katholischen Hochamt, und den Papst nennt er „Ganzjahreskostümträger Ratzinger“.
Parallelen sieht er auch im Frauenbild der bayerischen Landwirtschaft und des Islam. „Alles wirkt ein bisschen so, als wären die Türken damals vor Wien nicht gestoppt worden“, sagt er und ruft
zur Revolution auf: „Meine Damen, seien Sie extrem!“ Außerdem ist er einem Mysterium auf der Spur: Warum gibt es so viele Bayern in der Marine?, fragt er sich und spricht vom „nautisch-alpinen Paradoxon“. Das Publikum applaudiert, johlt und trampelt mit den Füßen.
„Nach diesem Abend werden Sie alles über Bayern wissen“, hat Fischer am Anfang des unterhaltsamen Abends versprochen und erklärt dann später zum Beispiel das berühmt-berüchtigte Grantlertum so: „Der typische Grantler zeigt durch sein Verhalten, dass er ein Menschenfreund ist – allerdings einer, dem man's nicht anmerkt.“ Zwischendurch sinniert er über den „dicken Mimen“ und ganz zum Schluss wird es nochmal rührend, als er an Schauspielerin Ruth Drexel erinnert, die in der Fernsehserie „Der Bulle von Tölz“ seine Mutter spielte. Vor allem durch diese Serie ist Fischer bundesweit bekanntgeworden – als eine Art Heimatschauspieler. Am Samstagabend hat „der dicke Mime“ nochmals bewiesen, dass er viel mehr ist als das.
Vorerst keine weiteren Vorstellungen im Lustspielhaus