Max Herre: Sehnsüchte in Bilder packen
Vom Rapper zum gefühlvollen Liedermacher: Max Herre über seine zweite Solo-CD„Ein geschenkter Tag“ und neue Projekte. Heute gastiert der Musiker in der Muffathalle
Mit seiner Band Freundeskreis gehörte Max Herre Mitte der 90er Jahre zu den deutschen Rap-Pionieren. Der Durchbruch gelang mit der Liebeshymne „Anna", die über 250 000 Mal verkauft wurde, das erste Soloalbum „Max Herre" erreichte 2004 Platz eins der deutschen Charts. Kürzlich erschien die zweite Soloplatte „Ein geschenkter Tag" (Nesola, Sony Music), heute gastiert er in München.
AZ: Herr Herre, fünf Jahre hat es gedauert bis zum zweiten Soloalbum. Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
MAX HERRE: Bis Mai 2006 habe ich mit meiner damaligen Frau Joy Denalane Songs für ihr Album geschrieben, unsere Söhne gehütet. 2007 kam die Jubiläums-Freundeskreistour und ich schrieb Songs für mein eigenes Album. Der Grundstock von „Ein geschenkter Tag" entstand in einer fünftägigen Live-Session.
Wie kam es zu Ihrem Umbruch – weg vom HipHop hin zum Singer/Songwriter-Stil?
Ich wollte meine Zutaten ändern, in Richtung Folk-Soul gehen, dazu kamen Beats. Da entstanden Songs mit einer gerapten Strophe und einem gesungenen Refrain. Dann wollte ich noch einen Schritt weitergehen, weil sich die gesungenen Sachen am überzeugendsten anhörten und ich hier am besten meine Geschichten transportieren kann.
Wie unterscheidet sich nun das Texten der Songs?
Ich arbeite jetzt bildlicher, bin prägnanter. Der Text wird natürlich kürzer, deswegen hat man weniger Zeit, narrativ zu sein. Ich kann keine Geschichte mehr über drei Strophen ausbreiten. Es geht jetzt mehr darum, eine Emotion zu verpacken und dafür Bilder zu finden.
Wollten Sie hier bewusst vermeiden, Ihre Trennung von Joy Denalane auszubreiten?
Es hat lange gedauert, bis ich genug Abstand dazu hatte, das in Songtexte umzusetzen. Natürlich ist Musik schreiben hier auch produktiv, weil man das ja auch für sich selbst macht. Die Texte verkörpern nun mal meine Sehnsüchte, Träume und Vorstellungen.
Mit Anspielungen auf den beschwerlichen Gang zum Arbeitsamt bleiben Sie mit „Ein geschenkter Tag" Ihren sozialkritischen Wurzeln treu.
Dieser Aspekt gehört auf jeden Fall weiterhin zu meiner Musik. Ich bin Teil dieser Gesellschaft und habe einen Blick darauf. Früher wurde das aufgebauscht, da galt ich als ein Aushängeschild politischer Musik, was einfach nicht stimmte.
Viele deutsche HipHop-Haudegen wie Clueso, Denyo oder Jan Delay wenden sich beatfreier Musik zu. Kann man hier bereits von einer Bewegung sprechen?
Nein. Beim Plattenlabel Four Music war man immer schon offen für viele musikalische Richtungen. Grundsätzlich kann man sagen, dass es im HipHop wenig Platz für Selbstzweifel gibt. Man stellt sich auf eine Bühne und ruft: Ich bin das Maximum. Mit zunehmendem Alter bekommt man das immer weniger stimmig über die Lippen.
Findet die jetzige Tour mit der gleichen Besetzung wie auf dem Album statt?
Bis auf den Schlagzeuger ja, und wir spielen die Songs der Platte, aber auch ältere Stücke wie „Anna". Beim Einspielen merkte ich, dass die neuen Songs musikalisch gar nicht so weit weg sind von den einstigen. Mir scheint, ich nähere mich meinen Wurzeln wieder an.
Werden Sie sich weiter um die Projekte Ihrer Ex-Frau Joy Denalane kümmern?
Wir haben das gemeinsame Label Nesola, ich mache bald ein Album mit Clueso, ihres ist fast fertig, jeder backt gerade sein eigenes Brötchen.
Florian Koch
Muffathalle, heute, 20 Uhr
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