Mattgoldener Schimmer
Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks mit Hector Berlioz‘ Oratorium „L’enfance du Christ“ unter Charles Dutoit in der Philharmonie
An der Wandlungsfähigkeit lässt sich das Format eines Klangkörpers am besten erkennen. Beim nachweihnachtlichen Oratorium „L’enfance du Christ“ zeigte sich das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ebenso von einer unerwarteten Seite wie der maßlose Monumentalist Hector Berlioz. Die vom Chefdirigenten kultivierte warm-runde Fülle fehlte, weil sie bei dieser Partitur nicht passt.
Der sanft schimmernde Streicherklang war von den Bläsern entmischt, und die in ihre athletische Kraft bisweilen selbstverliebten Musiker entfalteten unter dem Dirigenten Charles Dutoit ungewöhnliche Schattierungen sanfter Milde, die sich mit dem luftigen Gesang des BR-Chors zum biblischen Familienidyll in Pastell zusammenfügten.
Für leichte Flecken auf dem mattgoldenen Schimmer sorgten nur die uneinheitlichen Solisten, ausgenommen der schlank singende Tenor Topi Lehtipuu. Freilich hätte das klein besetzte Werk erheblich besser in den Herkulessaal gepasst. Aber da spielte Pollini.
Robert Braunmüller