Manhattan – wieder in Schutt und Asche
Digital aufgeheizter Effekt-Horror in Heim-Video Optik: Matt Reeves Action-Reißer »Cloverfield«
Die Digitalkamera revolutionierte das Filmemachen. Hobbyregisseure können ihre Werke problemlos ins Internet stellen. Hollywood verweigerte sich bislang dieser hyperrealistischen Digitalästhetik, aber die Macher von „Cloverfield“ nutzen die Marktlücke. Ihr Actionreißer funktioniert inhaltlich wie ein klassisches B-Picture in der „Godzilla“- Tradition. Doch die Erzählperspektive in Heimvideo- Optik bringt frischen Wind in das Genre. Unvermittelt wird der Zuschauer in die Handlung hineingestoßen. Er erfährt, dass die folgenden Filmausschnitte wie beim „Blair Witch Project“ (1999) auf einer Videokamera gefunden wurden. Rob (Michael Stahl-David) feiert vor seiner Abreise nach Japan eine Abschiedsparty – da erschüttert ein Beben die Wohnung. Die Partygäste stürmen aufs Dach und entdecken einen gewaltigen Feuerball, der mehrere Hochhäuser in Schutt und Asche legt.
Grund für die Katastrophe ist ein gewaltiges Reptilienwesen, das mitten in New York wütet. Trotz der Gefahr macht sich Rob mit einem Videotagebuch führenden Kumpel auf die Suche nach seiner Liebe Beth (Odette Yustman), die sich in der Nähe des Monsters aufhalten soll. Wer ein schlüssig-originelles Drehbuch erwartet, sollte „Cloverfield“ meiden. Regisseur Matt Reeves konzentriert sich auf die Kombination bewusst amateurhafter Wackelbilder mit Spezialeffekten, die eine real wirkende Schock-Atmosphäre erzeugen. Der Zuschauer weiß genauso wenig wie die Protagonisten und fiebert umso intensiver mit. Sequenzen wie der Angriff spinnenähnlicher Kreaturen in einem dunklen U-Bahn- Schacht wechseln sich mit apokalyptischen Momenten des Innehaltens ab. Da trabt eine führerlose Pferdekutsche lautlos durch ein entvölkertes Manhattan.
Die Bilder zertrümmerter Hochhäuer erinnern zwangsläufig an den 11. September, als ähnliche Handyaufnahmen im Internet kursierten. Die Parallelen irritieren und geben „Cloverfield“ einen faden Beigeschmack. Warum fällt den Filmemachern nichts anderes ein, als New York immer wieder (zuletzt bei „I Am Legend“) mit Horrorszenarien zu traktieren. Florian Koch