Lustbiene aus Giesing

Opernfestspiele: Strauss' „Ariadne“ Während Adrianne Pieczonka die Partie souverän und mit beeindruckender Noblesse meistert, darf Diana Damrau als Lustbiene ziemlich vulgär sein.
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Opernfestspiele: Strauss' „Ariadne“ Während Adrianne Pieczonka die Partie souverän und mit beeindruckender Noblesse meistert, darf Diana Damrau als Lustbiene ziemlich vulgär sein.

Die Schlusspointe besaß Charme. Der gedemütigte Komponist, dem im Vorspiel der Strauss-Oper „Ariadne auf Naxos“ mitgeteilt wird, dass sein ernstes Auftragswerk auf Wunsch des Sponsors gleichzeitig mit der ebenfalls georderten Komödie aufgeführt werden muss, sieht sich das kuriose Spektakel aus der ersten Reihe des Prinzregententheaters an. Als es vorbei ist, öffnet er, ungläubig, aber neugierig den geschlossenen Bühnenvorhang. Dann die Überraschung: Alle Mitwirkenden haben sich versammelt, um ihn frenetisch zu feiern. Ende gut, alles gut?

Leider fielen dem kanadischen Regisseur Robert Carsen auch andere Pointen ein. Etwa halbnackte Männer im schwarzen Slip mit Söckchen, die über Zerbinetta herfallen: Diana Damrau darf ziemlich vulgär sein, mit roten Pumps über die Bühne stöckeln und sich operettenhaft-dreist präsentieren. Eine Lustbiene aus Giesing, aber kaum jenes schillernde Commedia-dell’arte- Geschöpf, das Strauss und Hofmannsthal vorschwebte.

Natürlich wird Diana Damrau für ihre Koloratur-Akrobatik mächtig gefeiert. Aber der ständige Aktionismus forderte seinen Tribut. Wohl jeder spürte, dass diese Ausnahme-Sängerin an diesem Abend ein wenig unter ihren Möglichkeiten blieb.

Devise: „Theater im Theater“

„Theater im Theater“ hieß Carsens Devise. Und so sah man, noch bevor es richtig losging, Tänzer auf der Bühne, die sich mit Lockerungsübungen die Zeit vertrieben. Später wurde klar, warum sie sich warm machten. Sie dienten als Spiegelbilder von Ariadne und Bacchus. Im Schlussduett tummelten sich die beiden Protagonisten in zehnfacher Ausfertigung auf leerer Bühne (Peter Pabst).

Warum? Es lohnt sich nicht, dieses Inszenierungs-Rätsel zu lösen. Weit ärgerlicher war, dass ständig irgendjemand irgendetwas auszog, um sich ein paar Minuten später wieder anzuziehen. Ein Lichtblick, dass wenigstens die Sängerin der Titelpartie von derlei Schnickschnack verschont blieb. Adrianne Pieczonka durfte sich an die Rampe stellen und auf den Dirigenten Kent Nagano konzentrieren. Mit Erfolg: Sie bewältigte die Partie souverän und mit beeindruckender Noblesse, auch in den zurückgenommenen Passagen.

Burkhard Fritz zeigte als Bacchus strahlenden Tenor-Glanz. Als Bühnen-Erscheinung ist er keine Idealbesetzung. Dass die wunderbar herbe und ausdrucksstarke Daniela Sindram als Komponist jede Erinnerung an Mozarts Cherubino-Allüren schon im Keim erstickte, war ihr hoch anzurechnen.

Ein nüchterner Beigeschmack

Auch die anderen, voran Martin Gantner (Musiklehrer) und Nikolay Borchev (Harlekin), sorgten dafür, dass die Aufführung stimmlich kaum zu überbieten war. An Kent Naganos nüchterne Partitur-Auslegung musste man sich gewöhnen. Vieles klang neutral, glatt und wurde vom Staatsorchester ohne Mut zu jener ruhigen Schönheit musiziert, die sich in nahezu jedem Takt der „Ariadne“ findet.

Und noch ein Wunsch blieb offen. In der Sprechrolle des Haushofmeisters, der die Wünsche seines gnädigen Herren dem gestressten Bühnen-Personal mitzuteilen hat, durfte Johannes Klama einen unangenehm schnarrenden Piefke-Schnösel mimen. Sorry, aber auf Wienerisch macht das nun wirklich mehr Spaß.

Volker Boser

Die beiden weiteren Festspieltermine sind ausverkauft

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