Lob, Häme, Glückwünsche: Reaktionen zum Nobelpreis für Bob Dylan
Das Netz ist gespalten: Auf der einen Seite hagelt es euphorische Glückwünsch nach dem Literaturnobelpreis für Bob Dylan, auf der anderen Seite fühlt sich offenbar eine ganze Berufssparte auf den Schlips getreten.
Mit dieser Entscheidung haben wohl die wenigsten gerechnet: Der US-amerikanische Folksänger Bob Dylan (75, "Political World") bekommt den Literaturnobelpreis verliehen. Ein Novum in der Geschichte: Zum ersten Mal wird ein Künstler geehrt, der primär kein Literat ist. Die schwedische Akademie begründet ihre Wahl mit seinen "poetischen Neuschöpfungen in der großen, amerikanischen Song-Tradition" und geht damit völlig neue Wege. Fast schon ein Affront gegen alle traditionellen Schriftsteller.
Sehen Sie hier alle Musikvideos von Bob Dylan
Kein Wunder also, dass die Reaktionen im Netz gespalten sind. Auf der einen Seite wird Dylan mit zahlreichen Glückwünschen überhäuft und euphorisch gefeiert. So schreibt zum Beispiel die Kölner Mundart-Band BAP via Facebook, dass sie sich riesig freuen würden. Sogar Vizekanzler Sigmar Gabriel (57, SPD) gratulierte und outete sich als Fan: "'Blowing in the wind" habe ich als 13-Jähriger auf Konfirmandenfreizeit auf Ameland gelernt." Bis heute könne er es noch singen.
Schriftsteller rümpfen die Nase
Außenminister Frank Walter Steinmeier (60, SPD) twitterte, dass es sich um eine mutige Entscheidung handele, sein Parteikollege Ralf Stegner (57) kam über ein euphorisches "Wie cool ist das denn?" nicht hinaus. Der offizielle Twitter-Account der Partei Bündnis 90/Die Grünen postete ein Bild Dylans in jungen Jahren mit dem Satz: "Glückwunsch, Mr. Tambourine Man!", in Anlehnung an einen seiner berühmtesten Hits.
Der indisch-britische Autor Salman Rushdie (69, "Die satanischen Verse") findet die Entscheidung der Akademie ebenfalls gut und spricht auf Twitter von einer "großartigen Wahl". Natürlich konnte auch Satiriker Jan Böhmermann (35) nach der Bekanntgabe nicht still halten und gab ein offenbar wohlwollendes "Bob Dylan, Booooooob Dylan, Bobdylan!" zum Besten. Doch wie bereits erwähnt, sind die Kommentare in den sozialen Netzwerken nicht nur positiv. Vor allem einige "echte" Literaten können offensichtlich ob dieser Entscheidung nur mit dem Kopf schütteln - Rushdie scheint mit seinem Lob die Ausnahme zu sein.
Ein "fantastischer Fehlgriff"
Die Schweizer Schriftstellerin Sibylle Berg (54, "Ende gut") ließ sich zum Beispiel zu einem süffisanten Kommentar hinreißen. Für sie hätten sich nämlich nun die Chancen dramatisch erhöht, den Nobelpreis in Chemie zu bekommen. Ebenso zynisch äußerte sich ihre US-amerikanische Kollegin Jodi Picoult (50), die die durchaus berechtigte Frage aufwarf, ob sie als Autorin nun auch einen Grammy gewinnen könne.
Ebenso kritisch, allerdings mit drastischeren Worten, äußerte sich der Britische Schriftsteller Irvine Welsh (59, "Trainspotting") auf seiner Facebook-Seite. Er sei zwar ein Dylan-Fan, "aber dies ist ein schlecht durchdachter Nostalgie-Preis, herausgerissen aus den ranzigen Prostatas seniler, sabbernder Hippies". Auch sein rumänischer Kollege Mircea Cartarescu (60) macht um seine Ablehnung keinen Hehl. Ihm würden vor allem die wahren Schriftsteller leidtun, die in diesem Jahr leer ausgingen.
Am besten auf den Punkt brachte die Ambivalenz der Verleihung des Preises an Bob Dylan wohl die bekannte Literaturkritikerin Sigrid Löffler. In einem MDR-Interview sprach sie von einem "fantastischen Fehlgriff".
Neues Spiel auf Twitter
Der neueste Trend mit dem Hashtag #BobDylan auf Twitter: Absurde Gewinner für Nobelpreise erfinden. Der Journalisten Alf Frommer twitterte zum Beispiel eine erfundene Eilmeldung "Dr. Alban erhält Medizin-Nobelpreis", sein Kollege Christoph Azone fragt sich hingegen, wann nun Pete Doherty den Chemie-Nobelpreis bekommt. Der "Zeit"-Journalist Stefan Schmitt spielte zwar nicht mit, schrieb aber dennoch mit ironischem Unterton: "Oh, super, gleich mal ein paar seiner Platten lesen!"