Linkin Park im Kampf gegen den Sound
Wie entfesselt prügelt Rob Bourdon auf sein Schlagzeug ein, frenetisch angefeuert von Sänger Chester Bennington. Zwischen dem gegrölten „Bleed it out“-Refrain aus tausenden von Zuschauer-Kehlen, reißt Mike Shinoda noch einmal das Mikro an sich, und hämmert seinen Stakkato-Sprechgesang ins Mikro.
Es ist dunkel auf dem Messegelände Riem, die Menschen tanzen und singen. So stellt man sich ein Stadionrockevent von Linkin Park vor. Doch dann erinnert eine Konzertdownload-Einblendung auf der gigantischen LED-Wand alle Fans noch einmal schmerzlich daran, was jetzt von ihnen erwartet wird. Ein letztes „Winke, Winke“, ein letzter Applaus, vielleicht noch ein kurzer Gang zum Merchandise-Stand.
Das Linkin Park-Freilufthappening ist um 21.45 Uhr bereits vorbei, bevor es so richtig begonnen hat. Gründe für die Enttäuschung? Nun, das Wetter war grau in grau, mit leichtem Nieselregen zwischendurch. Auch das sterile Parkplatzgelände mit dem hartem Asphalt/Steinboden ist nicht wirklich stimmungsbefördernd. Und ja, einige Fans wirken auch ein bisschen geplättet – immerhin harren sie bereits seit 16 Uhr in Riem aus, lassen sich von vier Vorbands seit über fünf Stunden beschallen. Aber das kann es doch nicht gewesen sein, oder?
Das Kernproblem bringt Sandra Nasiæ, die nicht auf den Mund gefallene Frontfrau der Deutschrocker Guano Apes, auf den Punkt: „Hier auf der Bühne ist es lauter als draußen!“ Aus Lärmschutzgründen müssen nämlich alle Bands in Riem leiser treten als üblich. Rock als Kammermusik, dazu noch mies abgemischt – das kann nicht funktionieren.
Besonders die erfolgsverwöhnten Linkin Park-Schreihälse trifft diese Beschränkung hart. Doch Bennington - genau wie sein Gesangskompagnon Shinoda im spießigen Karohemd auftretend - bemüht sich, packt ausgerechnet bei „Given Up“ trotzig die Polizeisirenen aus. Zu einer unzusammenhängenden Überblendungs-Videoshow aus Schockbildern (Atompilze), Bandclips und Live-Mitschnitten ziehen Linkin Park eine 90 minütige, routinierte best of-Show durch, mit Hits wie „Numb“, „Breaking the Habbit“ und „In the End“. Wie erwartet kommen die härteren, älteren Crossover-Stücke besser an, die Kombination aus Benningtons Schreiattacken und Shinodas Raps haben Pep, die Balladen wirken ein wenig zu gelackt und auf die Charts schielend. Doch was hilft am Ende der schönste Schrei, wenn ihn niemand richtig hören kann.