Liebes-Tortur auf sagenhaften Tönen

Die Theaterakademie entdeckt im Prinzregententheater Johann Adolph Hasses „Didone abbandonata”
Christa Sigg |
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Schon komisch. Da sitzt man nun auf einem feinen Platz in Reihe 5, Mitte, hat die ganze Bühne direkt vor sich – und stiert trotzdem ins Orchester. Dauernd. Als würde da unten im Prinze-Graben ein Hypnotiseur wursteln. Ein ausgebuffter Guru oder sonst einer, dem man gnadenlos auf den Leim geht. Allein, das Entscheidende ist gar nicht zu sehen, das Ohr saugt sich fest an der sagenhaft aufregende Musik von Johann Adolph Hasse.

Aktionsreiche Abschiedsshow eines Heldenschnösels

Den hat man eh viel zu selten auf dem Plan, neben Händel und Vivaldi fristet der Komponist „hübscher Liederchen”, wie ihn J. S. Bach durchaus anerkennend nannte, ein arges Schattendasein. Schön also, dass sich die Bayerische Theaterakademie mit „Didone abbandonata” an eine Entdeckung gemacht hat. Es muss nicht immer die Purcell-Version dieser vergeigten Liebe sein. Zumal in Hasses Dreiakter nach dem Libretto von Pietro Metastasio noch ein Zweitbewerber ins Spiel kommt.

Der bringt in die Abschiedsshow des Heldenschnösels Enea (Aeneas) noch ein paar Turbulenzen, letztlich zieht sich die Sache aber wie Sirup. Regisseur Balázs Kovalik versucht, der Misere mit Aktionismus beizukommen, da wird gesüffelt und gebolzt, verfrachtet und verstreut. Und im Gewühl verkommt der aufgeblasene Karthager-Palast (Bühne: Csaba Antal) bald zum Luftmatratzenlager. Nur eine schlaffe Säule – der letzte Phallus! – steht noch und mutiert alsbald zur Todes-Zelle der Dido, die dort ihrem Ende entgegen singt.

Didone leidet, gurrt und geifert

Man muss sich nicht grämen, denn Theresa Holzhauser strahlt als verlassene Königin über allen Bühnenjammer hinweg, spannt weite Bögen, leidet, gurrt, geifert und dominiert das böse Spiel neben ihren famosen Leidensgenossinnen (Magdalena Hinterdobler, Maria Celeng). Da haben’s die effektvoll balzenden Counter-Helden (Valer Barna-Sabadus, Flavio Ferri-Benedetti) schwer.

Doch dann wandert der Blick wieder nach unten. Zu dieser spritzig, elegant, glutvoll aufspielenden Hofkapelle. Zu Rüdiger Lotter, der ohne Tamtam seine Streicher zusammenhält, zu Axel Wolf, der mit jedem Lautenton die Seelenlage trifft, zu Olga Watts, die sich nicht einmal von einem Meteoriteneinschlag in ihrer heiligen Cembalo-Meditation stören ließe. Und zum konzentriert-pointiert agierenden Michael Hofstetter am Pult.

Noch am 26. und 30.5. sowie am 1.6. im Prinzregententheater, Tel.21852899

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