„Liebe ist für alle da“: Das neue Album von Rammstein

So muss man sich erstmal inszenieren können: Album machen, Video drehen – und schon ist man wieder im Gespräch. Warum? Ganz einfach: Rammstein haben einen Song gemacht, der von Sex handelt, und ein Video gedreht, das ein Hardcore-Porno ist.
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So muss man sich erstmal inszenieren können: Album machen, Video drehen – und schon ist man wieder im Gespräch. Warum? Ganz einfach: Rammstein haben einen Song gemacht, der von Sex handelt, und ein Video gedreht, das ein Hardcore-Porno ist.

Was bei jeder anderen Band lächerlich wirken würde, wird bei Rammstein als Teil eines Gesamtkunstwerks akzeptiert – oder sagen wir besser: registriert. So gesehen steht der Porno „Pussy“ in einer logischen Folge: War doch bei der Band nach fünf Alben und weltweitem Erfolg mit teutonischer Härte, martialischem Metal-Beat und vor allem mit Reizthemen von Kannibalismus bis Nekrophilie inzwischen fast alles ausgereizt, was für mediale Dauererregung und entsprechenden kommerziellen Erfolg gut ist. Aber eben nur fast.

Das sechste Album „Liebe ist für alle da“, soeben frisch erschienen, steht ganz im Zeichen dieser überspannten Sexualisierung der aktuellen Rammstein-Themen. „Du bist mir ganz und gar ergeben / Du liebst mich denn ich lieb dich nicht“ heißt es nach dem emblematischen „Rammlied“ in „Ich tu dir weh“, „Ich bin in Hitze schon seit Tagen / So werd ich mir ein Kahlwild jagen“ und „Sie spürt die Mündungsenergie / Feiner Schweiß tropft auf das Knie“ in bester freudschen Manier in „Waidmannsheil“ – oder ganz direkt „Ich schleich mich an und rede fein / Wer ficken will muss freundlich sein“ im Titelsong. Selbst der Horror von Amstetten („Wiener Blut“) wird sexuell ausgedeutet: „Seid ihr bereit / Seid ihr soweit / Willkommen in der Dunkelheit“. Muss das sein? Das ist nicht die Frage.

Die neuen Songs sind – wie fast alles bei Rammstein – mal befremdlich und mal komisch, wobei man nun manchmal gar nicht mehr weiß, wo Rammstein aufhört und wo die Rammstein-Parodie beginnt. Die Musik ist jedenfalls das, was Freund und Feind von der Band erwarten: Mit feinster Soundtechnik produzierter Hammer-Rock, so anstrengend wie mitreißend. Till Lindemann rollte das „R“ bis zum Exzess und hat größte Freude an den durchgeknalltesten Sex-Metaphern wie „Blitzkrieg mit dem Fleischgewehr“ oder „Steck Bratwurst in dein Sauerkraut“. Das ist alles so heftig wie absurd, so blöd wie genial – aber genau dafür hört man Rammstein ja.

Michael Grill

Rammstein: „Liebe ist für alle da“ (Universal)

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