Kritik

Lehàrs "Friederike" am Gärtnerplatz

Eine Operette nach Goethe im Staatstheater am Gärtnerplatz
Michael Bastian Weiß |
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Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Jean-Marc Turmes 4 Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Jean-Marc Turmes 4 Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Jean-Marc Turmes 4 Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.
Jean-Marc Turmes 4 Franz Lehárs Operette "Friederike" im Gärtnerplatztheater.

Einer der komischsten Momente dieser halbszenischen Aufführung gehört Caspar Krieger, Ensemblemitglied des Gärtnerplatztheaters. Unbezahlbar, wie der Tenor seiner Braut Salomea (hier in Gestalt der wunderbaren Julia Sturzlbaum) in treuherziger Grandeur die gemeinsame Hochzeitsreise ankündigt: Es geht ins Pfälzerland!

Dazu lässt der Komponist Franz Lehár einen Original-"Pfälzertanz" anstimmen, überschrieben mit "Quasi mazurka". Doch damit sind die Absurditäten, die Lehár in seinem vorletzten Bühnenwerk "Friederike" ausbreitet, noch lange nicht erschöpft: Krieger, der so schön singt, wie er lustig spielt, verkörpert Jakob Michael Reinhold Lenz - ja, genau diesen Lenz, der tragisch in einer Geisteskrankheit endende Sturm- und Drang-Autor der Dramen "Die Soldaten" und "Der Hofmeister".

Der hohe Dichter mit dem tragischen Schicksal - ein Operetten-Buffo? Dagegen verblasst sogar die Bizarrerie, die historische Friederike Brion (1752 - 1813) zur Titelfigur einer trivialen Liebesgeschichte zu machen und ihren seinerzeit weder berühmten noch geadelten Gespielen Johann Wolfgang Goethe zu einer zweiten Tenor-Rolle.

So einem Schmarrn muss man keine aufwendige Produktion widmen. Es genügt eine "halbszenische Aufführung", zumal sich die Ausstattung durchaus sehen lassen kann und Spielleiter Florian Hackspiel mit seiner präzisen Personenregie einer regelrechten Inszenierung sehr nahekommt. Die Einzelheiten der Handlung klärt Christoph Wagner-Trenkwitz als launiger Conférencier.

Derselbe, Dramaturg am Hause, hat aber im Programmhefttext auch die Entstehungsgeschichte der "Friederike" aufgeschrieben, deren Librettist Fritz Löhner-Beda 1942 in Auschwitz ermordet wurde. Lehárs jüdische Gattin Sophie war hingegen vier Jahre zuvor zur "Ehren-Arierin" ernannt worden, während der von den SA-Unmenschen schon früh als "Judenlümmel" zusammengeschriene Tenor Richard Tauber emigrieren musste.

Gleichzeitig konnte Lehár trotz Versuchen, sich mit den Nazis zu arrangieren, nicht verhindern, dass die "Friederike" wegen "Verjudung Goethes" verboten wurde. Wäre es also vielleicht nicht doch besser gewesen, auf diesen Kontext mutig zu reagieren, anstatt ihn halbszenisch zu unterschlagen?

Und doch offenbart diese Produktion soetwas wie eine höhere Wahrheit. Denn Lucian Krasznec singt den Goethe mit einem so sensationell gut sitzenden, leicht ansprechenden, höhenstrahlenden Tenor, dass es schlichtweg egal ist, ob diese Rolle mehr Frevel am Dichter oder Star-Vehikel für Richard Tauber darstellt. Und Andreja Zidaric verleiht der Friederike mit ihrem frischen, zierlichen, vor Leben geradezu vibrierenden Sopran eine solche menschlich anrührende Aura, dass sich zwischen den beiden Liebenden eine echte, wenngleich entsagungsvoll endende Verbindung herstellt. Dem Gärtnerplatzorchester geht das melodisch-liedhafte Lehár-Idiom leicht von den Händen und spritzig über die Lippen, und der Erste Kapellmeister Michael Brandstätter lässt alle die Menuette, Gavotten und Mazurken mit subtiler Ironie tanzen: Es ist den Ausführenden zu verdanken, wenn aus dieser schrägen Operette dann doch - ein Singspiel wird.

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