Leben im Haus aus Stein
Wie hältst du es mit der Religion? Der Schöpfer des Papst-Musicals in München zur Gretchenfrage
Kurz vor der Uraufführung von „In Nomine Patris“ im Deutschen Theater: Bernd Stromberger, Autor und Komponist des Papst-Musicals, hat „die Hosen voll“ – weil er nicht weiß, was Regisseur Hansjörg Hack aus seinem Stück gemacht hat. Als er die ersten Szenen sieht, ist Stromberger geschockt – auf „positive“ Weise.
AZ: Herr Stromberger, wie kommt man darauf, ein Musical über einen Papst zu schreiben, der erfährt, dass er eine 21-jährige Tochter hat?
BERND STROMBERGER: Das Faszinierende an dem Stoff ist für mich dieser Konflikt: Da ist ein Mensch, der will etwas tun und darf es nicht. Ich habe viel mit Priestern gesprochen, die Kinder haben. Sie wollen gute Väter sein, aber die Kirche erlaubt es ihnen nicht. Ich sehe aber, als Vater von drei kleinen Kindern, wie unfassbar notwendig für Kinder die Vaterfigur ist. Kinder brauchen beide Eltern, um sich als Persönlichkeiten an ihnen reiben zu können.
Sie halten also nichts vom Zölibat?
Es ist ein unfassbarer Schwachsinn. Ich habe große Achtung vor Mönchen und Nonnen, die aus freien Stücken keusch leben wollen. Warum Priester zölibatär leben sollen, verstehe ich aber überhaupt nicht. Der Grund für das Zölibat war doch, dass das Geld bei der Kirche bleibt. Damals war das eine machtpolitische Angelegenheit. Heute ist die Frage aber doch: Was ist wichtiger, ein guter Vater zu sein oder ein Amt inne zu haben? Die Kirche ist in dieser Hinsicht sehr kinder- und frauenfeindlich. Die Institution darf nie mehr Wert sein als der Einzelne. Und egal, ob die Menschen miteinander schlafen oder nicht, die Kirche hat eine Verantwortung für sie.
Wie ist Ihr Verhältnis zur christlichen Religion?
Ich bin prinzipiell ein sehr religiöser Mensch, auch wenn ich Atheist bin. Ich glaube nicht an Bilder von Gott – wie den Heiligen Geist oder Allah. Aber ich glaube an das Wunder, das hinter der ganzen Welt steht. Als meine Tochter auf die Welt kam, war das für mich, als würde Gott geboren.
Wie legt man ein Papst-Musical musikalisch an? Mit Gregorianischen Gesängen oder doch eher Pop und Schlager?
Es ist eine Mischung. Es gibt Gregorianik, Klassik, Kirchenorgeln, aber natürlich zusammen mit Pop und Swing in ein populäres Gewand gekleidet.
Was halten Sie vom heutigen Papst?
Er ist gut im Sinne der Institution Kirche, ihres langfristigen Denkens, ein Haus aus Stein am Leben zu erhalten. Für den einzelnen Menschen aber ist er meiner Meinung nach ganz schlecht. Er hat einen Benediktinermönch des Amtes erhoben, weil der in Japan auch etwas über Zen-Buddhismus gelernt hat – da hatte er wohl Angst vor einer Vermischung der Anschauungen.
Welche Zukunftschancen geben Sie dem Modell Kirche?
In Europa gar keine. In anderen Teilen der Welt hat die Kirche aber schon Zukunft – da fischt man gerne in armen Gegenden.
Und Ihre eigene Zukunft?
Jetzt ist natürlich erstmal „In Nomine Patris“ wichtig. Danach mache ich mich mit einem Diplomtheologen als Co-Autor an ein Buddha-Musical, da habe ich im Frühling einen Wettbewerb gewonnen.
Vera Tichy
Deutsches Theater, Werner-Heisenberg-Allee 11, Premiere: 16. Oktober, bis 16. November täglich außer montags, Karten unter Tel.55234444 oder www.deutsches-theater.de
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