Leben als Real-Parkplatz
Stern mit Stammbaum: Nepomuk Fitz macht sich beim Passauer Scharfrichterbeil frei von seinem Clan und spielt die Konkurrenz an die Wand
Die Szene hätte man schon gerne noch gesehen: Als der Bub nach Hause kommt, der Mama ein mannshohes Mordwerkzeug entgegenhält und sagt: „Schau mal, was ich gewonnen hab.’“ So oder ähnlich wird’s wohl gewesen sein, gestern im Landhaus im Rottal, dem Anwesen von Kabarettistin Lisa Fitz.
Fitz’ Sohn Nepomuk (27) hat am Abend davor beim 26. Passauer Scharfrichterbeil sein Meisterstück gemacht: Alle anderen Kandidaten im Wettbewerb an die Wand gespielt, Publikum und Jury im Sturm genommen. „Die Mama weiß noch gar nicht, dass ich heute hier bin“, gestand er nach dem Auftritt, rotbackig vor Freude, aber immer noch bescheiden lächelnd.
Jung und feurig
Ein Stern ging auf im Gewölbestübchen an der Donau, das schon für Hape Kerkeling, Urban Priol, Günter Grünwald, Lars Reichow oder Luise Kinseher die Startrampe zur Kabarett-Karriere war. Über Fitz urteilte die von Andreas Giebel angeführte Jury: „Er ist jung, er hat Feuer. Er schaut seiner eigenen Generation aufs Maul.“ Und vor allem: „Mit einer grandios übersetzten HipHop-Nummer läuft er seinem Clan davon.“
Denn Nepomuk Fitz wollte eigentlich nie auf die Bühne, hatte sogar ein BWL-Studium begonnen, um nicht ständig an Mutter Lisa, Vater Ali Khan und der ganzen Fitzschen Künstlersippe bis zurück zum Urgroßvater, dem Schauspieler Hans Fitz, gemessen zu werden. Jetzt ist „Nepo“ doch im Rampenlicht und es gibt wohl kein Zurück mehr, denn in Passau raunte man schon: „Der iss besser als d’Mama.“
Aus dem Leben eines Gymnasiasten
In der Tat war es frappierend, was für eine enorme Bühnenpräsenz sich Fitz in den wenigen Monaten erarbeitet hat, die er nun mit seinem ersten eigenen Programm „Pimpftown“ unterwegs ist. In Passau hing das Publikum ab der ersten Sekunde an seinen Lippen, als er Einblicke ins Jugendleben in der „Lower Bavarian Area“ gab, wo ein Gymnasiast auf dem Parkplatz der Realschule schnell mal schmerzhafte Erfahrungen macht.
Dann ging’s thematisch zur Austauschfamilie in die USA, ein Höllentrip, und wieder zurück zu den bayerischen Möchtegern-Ghetto-Kids. Aus Busta Rhymes’ „Break Ya Neck, Nigga!“ wurde „Brichs Gnack, Zipfe!“ Und es war nicht nur rasend schnelle Sprachakrobatik, sondern auch wirklich schreiend komisch. Fitz hat den HipHop-Deppen ebenso drauf wie den Fitness-Gorilla, würzt dann mit einer leichten Brise Bitterkeit: „Mein Leben ist voller Real-Parkplätze.“ Es gab Zugabe-Rufe schon vor der Pause.
Und sonst? Nach Fitz kam erst mal lange nichts. Dann auf dem zweiten Platz Nadja Maleh aus Österreich mit „Flugangsthasen“, einer mal schrillen, mal poetischen Revue rund ums Flugbegleiterinnenwesen.
Streit um die Bronzemedaille
Bei Platz 3 stritten sich die Jury-Geister: Sollte es die Berliner „Qualkommission“ werden, die noch etwas ungelenk, aber immerhin tendenziell politisch ist? Oder doch eher die Vorarlberger „3Frisöre“, die wunderbar mehrstimmig singen, aber für den Passauer Geschmack eigentlich zu trashig sind?
Das war – noch dazu längst nach Mitternacht – nicht guten Gewissens zu entscheiden, deshalb der gerechte Kompromiss: dritter Platz für beide. Dann rief das Publikum „den Nepo“ zur Zugabe – und der fletschte wieder sein raubtierartiges Gebiss. Bis mancher im Stübchen beglückt seufzte: „Besser als der Vater isser sowieso.“
Michael Grill
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