Lau gebadet, warm abfrottiert

Georg Hörtnagel am Kontrabass samt dem ziemlich grauen Trio Wanderer mit Fauré und Schubert im Herkulessaal
von  Abendzeitung

Georg Hörtnagel am Kontrabass samt dem ziemlich grauen Trio Wanderer mit Fauré und Schubert im Herkulessaal

Mancher Novembertag ist grau wie das Klavierquartett Nr. 2 von Gabriel Fauré. Aber wer genau hinschaut, entdeckt auch bei Hochnebeltrübnis gelbe, rote und dunkelbraune Blätter. In den Noten des französischen Komponisten wäre das der mittels der Buchstaben pp., p, mf, f und ff ausgedrückte Unterschied zwischen ganz leise und kraftvoller Lautstärke.

Leider interessierte sich das Trio Wanderer im Herkulessaal zu wenig für solche Details. Im Vergleich mit der Art und Weise, wie der junge Pianist Martin Helmchen vorige Woche die Themen einer Mozart-Sonate ins Gespräch brachte, wirkte es rege schäftsmäßig unspontan, wie die drei Herren Haydns Trio C-Dur abwickelten. Der Pianist gerierte sich im Hintergrund als Einzelgänger, Cello und Geige reagierten aufeinander: Kammermusik ist was anderes.

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Für Faurés Klavierquartett stieß der hörbar reicher artikulierende Bratscher Christophe Gaugué hinzu. Aber das Forte der Vier war durchweg zu leise und ihr Piano zu laut. Ohne kraftvoll gestaltete Gegensätze bleibt das spätromantisch üppige, in der Behandlung der Themen akademische Werk so spannend und gesund wie ein lauwarmes Wannenbad.

Als Immun-Aktivkomplex gegen jegliche Verschnupftheit wurde das zahlreich erschienene Publikum anschließend jedoch mit dem wärmenden Handtuch des Musikantischen abfrottiert. Schuberts Forellenquintett gingen die Herren zwar nicht grundsätzlich anders an. Aber hier störte es weniger, weil dieses heitere Stück seine Wirkung nie verfehlt. Alle Ohren ruhten zudem auf dem Einspringer Georg Hörtnagel am Kontrabass. Sein Auftritt hatte für beträchtlichen Andrang an der Abendkasse gesorgt. Hinterher wurde der 82-jährige Veranstalter mit Blumen überschüttet. Er bekannte, das Einspringen habe ihm Spaß gemacht. Uns auch. Hoffentlich macht er als Hüter der Kammermusik noch sehr lange weiter!

Robert Braunmüller

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