Kuok-Wai Lio bei „Klassik vor acht“ im Herkulessaal
Das junge Klaviertalent Kuok-Wai Lio kann einiges. Aber mit mehr klanglichen Valeurs jenseits von laut und mittellaut wäre er erheblich besser.
Ohne Technik gewinnt man heutzutage keinen Klavierwettbewerb. Wer wie der 1989 in Macau geborene Kuok-Wai Lio ein paar solcher Siege hinter sich gebracht hat, spielt selbstverständlich brilliant und perfekt. Solch frisches Draufgängertum passte ganz gut zu Robert Schumanns Davidsbündlertänzen. Nur das vorletzte Stück, mit „wie aus der Ferne“ überschrieben, wirkte viel zu nah.
Sein vorläufig noch recht vordergründiger Noten-Positivismus schadete Schubert, der sich unter seinen flinken Händen in einen leichtlebigen Bruder Frédéric Chopins verwandelte. Das vierte Impromptu aus op. 142 hielt es aus, bei den drei übrigen störte die Abwesenheit von Noblesse und die viel zu wenig schattierten Wiederholungen. Die Oktaven des ersten verwechselte der junge Mann gar mit dem Geknatter eines schwachen Liszt. Recht schwerblütig ging er davor nach Altherrenmanier Joseph Haydns Variationen in f-moll an. Kuok-Wai Lio kann einiges. Aber mit mehr klanglichen Valeurs jenseits von laut und mittellaut wäre er erheblich besser.
Robert Braunmüller
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