Wie modern darf der Königshof werden?

Der alte Königshof wird 2017 abgerissen - der neue Entwurf erhitzt die Gemüter
von  vi/adp

Der alte Königshof wird 2017 abgerissen - der neue Entwurf erhitzt die Gemüter

Es gibt eine Aversion gegen moderne Architektur, in der alten Residenzstadt München ist sie besonders stark ausgeprägt. Das ist zum Teil sicher gerechtfertigt durch schlechte Erfahrung: schneller, gesichtsloser Wiederaufbau, die spätere zweite Zerstörung Münchens durch Bausünden wie den Kaufhof am Marienplatz, der das verspielte Roman-Mayr-Haus von 1912 ersetzte, der aktuelle Schuhschachtel-Wohnungsbau und die verpasste Chance der Achse Pasing-Hauptbahnhof – alles Beispiele, die zu Recht erst einmal misstrauisch machen könnten.

Jetzt hat sich eine Bürgerinitiative gegen den Neubau des Hotels Königshof am Stachus gebildet, die Unterschriften sammelt, um in Form einer Petition an den Bayerischen Landtag das Projekt zu torpedieren. Das ist zwar rechtlich gar nicht möglich, der Freistaat ist nur Eigentümer des benachbarten Justizpalastes, den die „Freunde der Altstadt“ durch die moderne Nachbarschaft in seiner Wirkung bedroht sehen. Die Stadt München kann rein rechtlich hinter den bereits erteilten Vorbescheid nicht mehr zurück, sagt Karla Schilde vom Referat für Stadtplanung und Bauordnung. Zumal seien zur Auslobung des Wettbewerbs Denkmalschutz und Heimatpfleger hinzugezogen worden. Im Wettstreit der besten Ideen gab es drei erste Preise. Die Eigentümerfamilie Geisel entscheid sich schließlich für den gewagtesten, den Entwurf der spanischen Architekten Fuensanta Nieto und Enrique Sobejano.

Vor wenigen Monaten drohte dem Projekt kurzzeitig ein Dämpfer: Damals reichten Eigentümer des Nachbargrundstücks Klage gegen den Bau ein: Er sei zu hoch.

Über Architektur lässt sich trefflich streiten – schon immer

Zuvor hatte die Stadtgestaltungskommission eine Höhe von 33 Metern für geeignet erklärt, und das Planungsreferat daraufhin eine Gebäudehöhe von drei Stockwerken höher als bisher genehmigt. Die Klage wurde zurückgezogen. Der Entwurf kann weiter realisiert werden. Ende 2017 soll dann der Abriss des alten, 1955 wieder aufgebauten Königshofs beginnen.

Wenn etwas abgerissen wird, gibt es oft Widerstand. Schon Ludwig I. löste eine Empörungswelle aus, als er das Schwabinger Tor schleifen ließ, um Platz für den Odeonsplatz als Ausgangspunkt für seine Pracht-Ludwigstraße zu schaffen. Heute würde keiner mehr das den Architekten Leo von Klenze oder Friedrich Gärtner vorwerfen.

Und die Situation am Stachus ist ohnehin eine völlig andere. An diesem Platz, der lange als einer der verkehrsreichsten Europas galt, gibt es überhaupt kein historisches Ensemble. Der Königshof mit seiner Nachkriegsarchitektur und 70er-Jahre-Fassade steht auf einer Art Insel architektonisch zwischen dem neobarocken Justizpalast, dem denkmalgeschützten 50er-Jahre-Kaufhof. Gegenüber ist das Stachusrondell mit seinem eingebauten mittelalterlichen Karlstor im Barockrahmen des ungeliebten Kurfürsten Karl-Theodor. Wer kann da behaupten, ein neuer Königshof müsse architektonisch an dieser Stelle auf irgendetwas Rücksicht nehmen? Ein neu gebautes Fünf-Sterne-Haus in dieser prominenten Lage kann diese Umgebung eigentlich nur bereichern.

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