Von der Anziehung des Abwesenden
Natürlich verheißen sie eine Idylle. Nicht ohne Grund sind Sammler hinter Claude Monets „Nymphéas“ her, von denen rund 100 Versionen durch Museen und Kollektionen gondeln. Doch in Hans Op de Beecks „Secret Garden“ haben die Seerosen mit ihrer abgezirkelten Kunststoffperfektion etwas eigentümlich Steriles.
In der Sammlung Goetz schwimmen sie in einem quadratischen Bassin und verkörpern neben einem kahlen Baum die gezähmte Natur eines überschaubaren abgeschlossenen Gartens. Von Idyll oder gar Hortus conclusus kann hier nicht die Rede sein. Die hohen Mauern, das allgegenwärtige Betongrau lassen an die Hinterhofbeengtheit großer Städte, ja sogar an einen Gefängnishof denken.
Und von außen? Ist alles Staffage. Wie die Rückseite einer Theaterbühne mutet dieses Schuhschachtel-„Paradies“ an – und das ist typisch für Op de Beeck. Seine minutiös nachgebauten, realistisch anmutenden Szenerien, in die man so erstaunlich schnell hineingleitet, werden zugleich als Kulissen entlarvt.
Bonjour tristesse und feiner Humor
Auch die Dachkammer („Garret“) im Obergeschoss ist so eine täuschend echte und in diesem Fall zusätzlich gesockelte Bühne. Eben erst dürfte sie ein imaginärer Bewohner verlassen haben. Wie die Stillleben, die – mal drei-, mal zweidimensional – die oberen Ausstellungsräume dominieren. Auf dem Aquarell „Still life“ (2010) qualmt noch die Zigarette im Aschenbecher, das Laptop steht aufgeklappt auf dem Schreibtisch. Lauter Spuren. Spuren menschlicher Abwesenheit, die im Souterrain – dort befindet sich auch die unheimelige Gartenbox – leicht ins Düstere kippen.
Die Lounge mit einer abgesessenen Chesterfield-Couch, umgeben von allerlei Geschirr, Kerzen und einem Totenschädel erinnert an alte Zeiten, die schon mal besser waren. Melancholie macht sich breit in dieser Vanitas-Rumpelkammer. Und die einsamen Augen der Frau, die mit ihrem (?) Mann – wortlos – am Kaffeehaustisch sitzt, führen dieses „Bonjour tristesse“ im Nebenraum behutsam weiter („Coffee“ aus der Videoarbeit „Circumstances“, 2006). Womöglich erinnert auch sie sich an eine schöne Vergangenheit?
Man wird es nicht erfahren. Vielmehr ist Op de Beecks Inszenierung eigener Arbeiten der letzten 15 Jahre zu einem wunderbaren Parcours geworden, in dem man über die Spielarten der Einsamkeit sinnieren kann, über Zwänge, geformte Welten, die Wirklichkeit und was wir dafür halten.
Wobei man Op de Beecks feinen Humor nicht unterschätzen darf. Auch der schafft sich Raum. Und sei’s nur in einer modernistischen Mini-Toilette auf einem monströsen Sockel (aus „My five favorite small buildings“). Egal wie chic da die Architektur ist, es bleibt halt ein Klohäusl.
Sammlung Goetz, Oberföhringer Straße 103, bis 15. November 2014, Do und Fr 14 bis 18, Sa 11 bis 16 Uhr, Anmeldung Tel. 95 93 96 90