Valentin-Karlstadt-Musäum: Muss die München-Institution aus dem Isartor ausziehen?

München - Wie man aus einem sanierungsbedürftigen Haus einen brummenden Kulturmotor macht, weiß Reinhard Wittmann. Schließlich hat er Anfang der 90er Jahre das Projekt Literaturhaus vorangetrieben und das Haus am Salvatorplatz seit der Eröffnung 1997 bis 2016 auch geleitetet.
Seit Jahren kämpft er nun dafür, dass das Forum Humor und Komische Kunst (zu dessen Mitstreitern auch Gerhard Polt zählt) die seit einem Vierteljahrhundert leerstehende ehemaligen Viehbank neben dem neuen Volkstheater bespielen darf. Doch dem Projekt eines privaten Humor-Museums mit städtischer Unterstützung steht das Kulturreferat äußerst skeptisch gegenüber.
Valentin-Karlstadt-Musäum: Gebäude steht unter Denkmalschutz, muss aber saniert werden
Nun allerdings erhofft er sich Rückenwind – ausgerechnet von Karl Valentin. Denn am Isartor im Valentin-Karlstadt-Musäum haben sich Denkmalschutz, Lokalbaukommission und Kulturreferat ein wenig verhakt bei der Frage, wie das Museum zukunftstauglich gemacht werden kann. Vor allem beim Thema Brandschutz gibt es großen Handlungsbedarf.
Eine allzu lange Verzögerung der Sanierungsmaßnahmen könnte im schlimmsten Fall mit einer Schließung des Valentin-Karlstadt-Musäums enden. Und dann – so Wittmanns Kalkül – könnte die Stadt doch gleich zwei Humorprojekte in der Viehbank unterbringen. Denn der hundert Jahre alte Backsteinbau dort gehört der Stadt, steht unter Denkmalschutz und muss ohnehin durch die Stadt saniert werden.

Die aktuelle Lage: Oberbürgermeister Dieter Reiter sagt : "Ja, es stimmt, Gerhard Polt und die Valentin-Karlstadt-Gesellschaft haben sich fast zeitgleich an mich gewandt zum Thema Valentin-Karlstadt-Musäum und Forum Humor in der Viehhofbank. Das Kulturreferat hat von mir den Auftrag bekommen, sich die Ideen mal anzuschauen und eine Einschätzung abzugeben. Klar ist aber in jedem Fall, dass es derzeit nicht so ist, dass das Valentin-Karlstadt-Musäum am derzeitigen Standort akut von einer Schließung wegen Brandschutzbestimmungen bedroht ist."
Vorsitzender der Karl-Valentin-Gesellschaft übt Kritik am Isartor-Museum
Auch Kulturreferent Anton Biebl ist sich sicher, dass Lokalbaukommission, Denkmalschutz und Kulturreferat sich hinsichtlich eines moderaten Umbaus, der auch im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist, einigen werden. Im Sinne einer Gesamtertüchtigung will die Stadt auch endlich die Barrierefreiheit ermöglichen.
Für den Vorsitzenden der Karl-Valentin-Gesellschaft, Alfons Schweiggert, ist klar, dass das Isartor noch nie ein geeigneter Ort war, um Karl Valentin zu würdigen: "Das Museum im Isartor ist in seinem Durcheinander von Objekten, Schildern, Fotos ein reines Jux-Museum. Es vernachlässigt alle jene Seiten, die auf Valentins universelle Genialität hinweisen und ihn aus der Ecke des nur spaßigen Humoristen heraushohlen."
Schweiggert zitiert dazu auch noch den Kunsthistoriker Michael Glasmeier, der auch Kurator ist: "Die Objekte im 1959 eröffneten Valentin-Musäum sind – ohne dass besonders darauf hingewiesen wird – nur teilweise schlechte Rekonstruktionen, die den Besucher glauben machen, Originale Valentins zu sehen. Dieses ,Musäum' ist im Aufbau und in seiner Vermittlung eher abschreckend. Die Kraft Valentins wird gebrochen zugunsten des schnellen Witzes, der weitergehende Folgen im Kopf des Betrachters verhindert."
Zieht das Museum in die Viehbank um?
In der Viehbank wäre nach Meinung Schweiggerts hingegen ein würdiger Ort: "Hier könnte man Valentin zeigen in seinem Umgang mit Musik, Literatur, ihn als Filmpionier würdigen und seine gesamte Sprachkunst sich entfalten lassen." Das seien dann auch mehr als nur tote Exponate, weil Kino ins Spiel käme und auf Bühnen Valentin weitergedacht werden könne.
Um aus dem charmanten und beengten Verhau am Isartor ein Museum mit richtigen Ausstellungsflächen zu machen, müssten man nämlich nicht renovieren, sondern zaubern können. In der Viehmarktbank hingegen wäre genug Platz, tote und lebende Legenden des bayerischen Humors adäquat zu würdigen.
Rund 50.000 Besuchern jährlich kamen in der Vorpandemiezeit ins Valentin-Karlstadt-Musäum, das als Skurrilität in jedem Reiseführer zu finden ist und zudem fußläufig zum Touristenzentrum Marienplatz liegt. Aber würden diese Besucher auch den Weg zur Viehmarktbank ins Schlachthofviertel suchen?

Oder bliebe dort ein Humor-Museum eine ungeliebte und stetig das Stadtsäckel belastende Immobilie von mäßigem öffentlichen Zuspruch? Letzteres befürchtet das Kulturreferat, auch wenn Wittmanns Planspiele naturgemäß viel optimistischer sind. Häuser für den Humor wären ja beileibe keine Münchner Erfindung. Es gibt beispielsweise Museen für Komische Kunst in Frankfurt oder in Kassel.
Sanierung wird mehrere Millionen Euro kosten
Im Herbst soll das Baureferat, in dessen Zuständigkeit die ehemalige Viehmarktbank liegt, die seit Jahren angekündigte Ausschreibung für die Nutzung des Gebäudes auf den Weg bringen. Dann können sich alle Interessenten bewerben, selbstverständlich auch das Forum Humor.
Klar ist, die Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes wird einen zweistelligen Millionenbetrag verschlingen - und die Stadt hat zurzeit ja gleich mehrere sehr kostspielige Kulturbaustellen (Gasteig, Stadtmuseum) mit ungewissem Ausgang.