Utopia München: In der Grabkammer Tutanchamuns

Gold gibt es hier im Überfluss. Es fällt flirrend vom Nachthimmel über der Wüste, und es steht im kiloschweren Fake in der Vitrine. Dazu kommen unzählige Mistkäfer, die es durch den Raum spült. Skarabäen nennt man die ägyptischen Varianten: Sie bringen Glück und helfen, den Tod zu überwinden.
Bei so intensivem Zuspruch der katzenköpfigen Schutzgöttin Bastet hätte Tutanchamun gar nicht sterben dürfen. Aber er musste ja partout in den Krieg ziehen - und "wie ein Mann kämpfen", hört man ihn sagen. So schied der schöne Pharao bereits im zarten Alter von 19 Jahren dahin.

Die Skarabäen haben trotzdem Wirkung getan: Der junge Mann ist unsterblich geworden. Aus dem Totenreich oder besser aus der Grabkammer heraus. Mit ihrer Entdeckung 1922 durch Howard Carter wurde Tutanchamun präsent wie im tatsächlichen Leben nicht. Und im alten Ägypten hat man einiges unternommen, um die gottgleichen Könige ins rechte Licht zu rücken. Doch was Carter antraf, hat die kühnsten Erwartungen übertroffen: um die 5500 Grabbeigaben und viele aus Gold.
Wie Carter darf man Sargdeckel lupfen
Deshalb sind Tutanchamun-Ausstellungen immer schon von Erfolg gekrönt. Der immersiven Schau im Münchner Utopia wird es kaum anders ergehen, zumal man nicht nur die üblichen Funde sieht - als Replik, versteht sich, wie die imposante Sargmaske unterm Glassturz. Wie einst Carter steigt man via virtueller Realität hinab in die Totenkammer, bewegt sich frei im Raum, darf Sargdeckel lupfen und nach den Schätzen greifen.

Dass sich der Ägyptologe nicht von den Prophezeiungen der Bevölkerung aufhalten ließ und immer weiter vordrang in das mystische Reich des Todes, kann man durchaus nachvollziehen. Gold kickt einfach, und eine gute Portion Grusel ist schließlich auch dabei.
Eine fein gewickelte Mumie ist auch dabei
Wer mehr erfahren will und die Muße hat, Wandtafeln zu lesen, wird eingeführt in die Expedition Carters, die Objekte im Einzelnen und den Kult. Auch der Sarg ist nachgebaut und samt kunstvoll eingepackter Mumie in seinen verschiedenen Bestandteilen übereinander gehängt. Aber das ist im Zweifelsfall an der Gabelsbergerstraße im Museum Ägyptischer Kunst interessanter aufbereitet. Sowieso entwickeln Originale eine ganz eigene Magie.

Doch man besucht freilich keine immersive Ausstellung, um sich in Texte zu vertiefen. Zumal die eigentliche Show Geschichte und Geschichten bequem serviert. Sie führt multimedial zurück in die 18. Dynastie vor fast 3500 Jahren und hüpft zwischendurch in die 1920er Jahre und die - ebenfalls medial heftig begleitete - Aufregung um die spektakulären Funde Carters.

Eidechsen wuseln über die Wände
Tutanchamuns prachtvolles Leben, sein imaginärer Kampf und sein Tod sind bildstark inszeniert. Das Hinübergleiten ins Jenseits mit den Prüfungen hat beträchtlichen Reiz. Nilpferde tummeln sich in üppiger Flora, mächtige Tempel tun sich auf, Eidechsen wuseln über die Wände. Am Ende weiß man nicht mehr so genau, was echt ist und was Augentäuschung. Als fast gesichert darf dagegen gelten, dass die alten Ägypter die Zahnpasta erfunden haben.
Tutanchamun, bis 26. Januar 2025 im Utopia, Heßstraße 132, täglich 10 bis 21 Uhr, ab 24 Euro, Tickets über www.tutanchamun-immersiv.de