Tiefgründige Vollkommenheit
Zwischen Dieter Rams (geboren 1932), lange Jahre Chef-Gestalter bei Braun und berühmt für seinen Minimal-Schick („Gutes Design ist so wenig Design wie möglich“) und Ettore Sottsass (1917-2007), Erfinder des postmodern-verspielten „Memphis Style“, liegen Welten.
Dass jetzt die Ausstellung „Urushi Lack & Design. East meets West“ die gemeinsame Begeisterung beider für traditionelle japanische Lackarbeiten zeigt, ist also eine kleine Sensation. Der Dritte bei dieser Schau der Neuen Sammlung in der Pinakothek der Moderne ist dabei Fritz Frenkler (geboren 1954), Professor für Industriedesign an der TU München.
Das Jahrtausende alte Urushi-Handwerk war vom Aussterben bedroht, weil ein Industrieprodukt den aus dem Saft des Urushi-Baumes gewonnenen Lack abgelöst hatte. Darum wurde die Initiative „Real Japan“ ins Leben gerufen, um die Manufakturen wiederzubeleben. Man bat 2002 Sottsass sowie Rams und Frenkler um Entwürfe für Geschirr- und Möbelobjekte aus Urushi-Lack. Die Neue Sammlung zeigt nun die nach ihren Plänen ausgeführten Unikate.
Bis zu hundert Arbeitsschritte und acht verschiedene Handwerksmeister sind notwendig, um tiefgründige und makellos glänzende Vollkommenheit zu erreichen. Rot und Schwarz sind dabei die traditionellen Lackfarben, die häufig noch golden bemalt werden. Auch Sottsass ordnet sich der formalen Klarheit des „Urushi-Kogei“ unter.
Aber mag auch der goldene Aufsatz von „Kiritsubo“ an die Spitze einer Pagode erinnern, Memphis schlägt dennoch immer wieder durch: Etwa in „Kocho“, einem Behälter, auf dessen Deckel ein gelbes, rosa und blaues Klötzchen stehen sowie in „Annapurna“, einem Kommödchen mit Goldbestäubung.
Rams’ Boxen mit gerundeten Ecken und die genial-schlichten zum Halbrund stapelbaren Teller stehlen Sottsass fast die Schau. Frenklers ebenfalls stapelbare Gefäße erinnern indes an Arne Jacobsen.
Die Urushi-Präsentation liegt etwas versteckt im Untergeschoss beim Paternoster. Das ist dem Umstand geschuldet, dass die oberen Geschosse der Rotunde, wo sie eigentlich stattfinden sollte, wegen der Bauschäden eingerüstet sind. Wirklich schade ist nur, dass man den komplexen Arbeitsprozess nur im Katalog, nicht aber in der Ausstellung selbst nachvollziehen kann.
Pinakothek der Moderne, bis 24. Februar, Di bis So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr