Stroke Art Fair: Die dunkle Seite der Romantik

Am Samstag beginnt die Stroke Art Fair, auf der auch der Münchner Künstler Heiko Palach ausstellt.
von  Sven Barthel
Der Künstler Heiko Palach inszeniert von Fotografin Elizaveta Porodina.
Der Künstler Heiko Palach inszeniert von Fotografin Elizaveta Porodina. © Foto: Elizaveta Porodina.

Münchens wohl schillerndstes Künstler-Atelier liegt versteckt im Innenhof eines gelb getünchten Altbaus in Haidhausen. Hier kreiert Heiko Palach, umgeben von Regalen voll mit glitzernden Strass- und farbigen Edelsteinen, Vintage-Schmuckstücken und einem reichen Fundus an figürlichen Objekten, prunkvolle Plastiken, deren Aura ein morbider Glamour kennzeichnet.

Heiko Palachs Figur "Flower Girl" (2022).
Heiko Palachs Figur "Flower Girl" (2022). © Heiko Palach

 

Eine Ästhetik, die auch Palachs Arbeit als Hair- und Make-up-Artist prägt. Als solcher hat sich der 51-Jährige in der Fashionszene einen Namen gemacht und die Bekanntesten unter den Schönsten für Modemagazine und Schauen namhafter Designer wie Vivienne Westwood, John Galliano und Jean Paul Gaultier aufgehübscht. Seine Kunden schätzen seine Detailversessenheit, seine fantasievollen Ideen und deren kreative Umsetzung.

Models betrachtet der gebürtige Leipziger als Leinwand und trägt neben dekorativer Kosmetik in knalligen Farben auch Federn, Folien, Strass und Nieten sowie von Hand zugeschnittene Papierornamente auf ihr Gesicht. Palach, der seit 2001 in München lebt und einen Friseursalon in der Kapuzinerstraße betreibt, verwandelt Frauen in Göttinnen der Finsternis Amazonen, Engel und Teufelinnen. Immer selbstbewusst und stets geheimnisvoll. So entstehen bei Fotoshootings, an denen er beteiligt ist, Bilder, die sich einprägen. Um seine Kreativität kompromisslos ausleben zu können, beginnt er Fotoproduktionen in Eigenregie durchzuführen.

Puppen- und Totenköpfe, Putten, Masken und Gliedmaßen statt Models

Dabei bestimmt er neben dem Make-up auch die Auswahl der Models, das Setting und Styling. 2010 trifft er auf die Lichtbildkünstlerin Elizaveta Porodina, die seine Liebe zum dunklen Romantizismus teilt. Die beiden arbeiten fortan zusammen und schaffen surreal anmutende, preisgekrönte Fotokunst. Dass er einmal ein Künstler-Dasein führen und zwei Arbeitstage und die Wochenenden der Erstellung von funkelnden Figuren widmen würde, war nie sein Plan. "Es hat sich im Laufe der Jahre einfach so ergeben", sagt Palach. Als Künstler führt Palach fort, was er als Hair- und Make-up-Profi virtuos beherrscht; die Inszenierung von Gesichtern und Körpern. Doch statt mit Models arbeitet Palach seit nunmehr zehn Jahren mit Puppen- und Totenköpfen, Tierschädeln, Putten, Masken und Gliedmaßen aus Porzellan Gips, Bronze, Stein und Kunststoff. Intuitiv setzt er sie zu neuen Figuren - oft Fabelwesen - zusammen, verziert sie mit Strass- und Edelsteinen, Glasperlen und Emaille-Blumen oder auch mit Fragmenten aus Perlmutt, Gold und Silber.

Im Alter von sechs Jahren habe er erstmals eine Puppe enthauptet, deren Kopf auf einem Sockel platziert und theatralisch mit Plauener Spitze umhüllt, erzählt er. Seine künstlerische Handschrift ist geprägt von seiner Begeisterung für Mythologie, den Symbolismus und den Kunst- und Wunderkammern des Barock. Jenen Sammlungen von Artefakten und Naturalien, die zu Kunstobjekten weiterverarbeitet wurden, indem sie mit Perlen, Kristallen und exotischen Materialien aufwendig verziert und oft auf einem Sockel fixiert unter einer Glasglocke präsentiert wurden.

Palach gewinnt die dekorativen Zutaten für seine Werke aus alten Pretiosen, die er auf Floh- und Antikmärkten erwirbt, in Einzelteile zerlegt und diese für seine Kunst wiederverwertet. Das macht die Materialbeschaffung zu einer kostspieligen und zeitaufwendigen Angelegenheit. Auch Die Erstellung eines neuen Objekts kann mehrere Monate in Anspruch nehmen, wenn Palach nicht den Zierrat parat hat, der seinen Idealvorstellungen entspricht. Wer sich Palachs Objektkunst aus nächster Nähe ansehen möchte, hat dazu ab Samstag auf der Stroke Art Fair die Möglichkeit. Bis Montag, den 1. Mai, zeigt er auf der Kunstmesse rund 40 Objekte, die zu Preisen zwischen 500 und 2000 Euro gekauft werden können.


Stroke Art Fair auf der Praterinsel, 29. 4. - 1.5, ab 12 Uhr, Eintritt 13 Euro

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