Rüdiger Schöttle: Der stille Hexenmeister

 
Roberta DeRighi |
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Es ist immer wieder erstaunlich, welche Künstler Rüdiger Schöttle aus seinem Hut zaubert. Und der international agierende Galerist wird nicht müde, im Gegenteil: Seit 45 Jahren ist er höchst neugierig

Etwas Magie ist bei dieser Profession schon im Spiel: Und fast könnte man Rüdiger Schöttle den alten Hexenmeister unter den Münchner Galeristen nennen. Er präsentiert in seiner Galerie im Uni-Viertel regelmäßig einige ganz Große, von den „Struffskys“ der weltweit begehrten Düsseldorfer Schule bis zum kanadischen Foto-Künstler Jeff Wall. Derzeit sind Andreas Gursky und Wall sogar in einer Doppelschau zu sehen.

Zurückhaltung als Tarnung fürs Strippenziehen?

Der schmale Mann mit der markanten Brille wirkt zurückhaltend, eher wie ein Beobachter – perfekte Tarnung fürs Strippenziehen. Und ohne je demonstrativ mit einem Stab herumzufuchteln, zaubert er immer wieder neue spannende Künstler aus dem Hut. Dabei ist die Fotografie nicht der einzige Schwerpunkt seiner Arbeit: Schöttle arbeitet schon seit Urzeiten mit dem Konzeptkünstler Dan Graham zusammen, aber auch mit dem Holzbildhauer Stefan Balkenhol. Mit den Briten Liam Gillick und Martin Creed ebenso wie mit der Tschechin Goshka Macuga, dem Münchner Maler Florian Süssmayr und der Akademie-Absolventin Lorena Herrera Rashid. Die Öffnung des Ostblocks trieb ihn neugierig nach Osteuropa, was sich deutlich in seinem Portfolio niederschlägt: Janis Avotins, Maria Bartuszova, Slawomir Elsner. Dass er in München einst mit Arnulf Rainer und Hermann Nitsch reüssierte, ist nahezu vergessen.

Sein Motto: Nie den Moden hinterherlaufen

Fragt man ihn, so nennt er Raimer Jochims und Dan Graham als Künstlerpersönlichkeiten, die ihn geprägt haben. Schöttle ist nie den Moden hinterhergelaufen, aber seine Interessen haben sich über die Jahre mit den Strömungen gewandelt. Sein eigenes Alter verrät er nicht, da ist er ganz Diva, aber das Alter der Galerie ist kein Geheimnis. 1968 bezog Schöttle einen Raum an der Prinzregentenstraße – 2013 waren es also 45 Jahre. Dass er, mit dem Kunstverständnis der Frankfurter Schule im Kopf, damals seine Galerie in München eröffnete, war eine pragmatische Entscheidung. Schöttle: „Ich kam aus Stuttgart, da war München die nächste größere Stadt.“ Seine Verwurzelung hier blieb dann so fest, dass er selbst in der Hoch-Phase des Berlin-Hypes keinen Moment daran dachte, in die Hauptstadt zu gehen – im Gegenteil: Der Berlin-Trieb seines Kölner Galerie-Partners Jörg Johnen besiegelte die endgültige Teilung von Johnen & Schöttle.

Von der Martius- in die Amalienstraße

Die längste Zeit logierte Schöttle mit seiner Galerie an der Martiusstraße in Schwabing, ehe er 2002 in den Neubau im Hinterhof der Amalienstraße 41 umzog. Das Publikum lässt sich von Schöttle jedenfalls immer wieder bezirzen, seine Vernissagen sind Szene-Ereignisse. Nicht zuletzt durch seine Lebensgefährtin, die Tänzerin und Choreografin Brygida Ochaim, hat der nüchtern wirkende Schöttle ein barockes Faible für die Bühne. Eines seiner legendären Projekte ist der „Theatergarten Bestiarium“, den zuletzt Chris Dercon mit einer Ausstellung im Haus der Kunst noch einmal würdigte. Auch international ist Schöttle einer der seltener werdenden Galerie-Mittelständler mit Blue Chips.

Im Kampf sich auf den messen umtun

Auch wenn es im Zuge der Internationalisierung des Kunstmarktes immer schwerer wird, sich zu behaupten. Der Aufwand wächst, der Service, den die Sammler erwarten, auch. Schöttle nimmt an drei Messen im Jahr teil, darunter die Über-Messe Art Basel, die Londoner Frieze und ab und zu die Art Basel Miami. Aber anders als bei Großgaleristen wie Gagosian oder Hauser & Wirth, ist Schöttle mehr als ein klingender Name in einem ziemlich harten Business. Er ist mit Leib und Seele dabei, reist mit seinen Künstlern zu Ausstellungen und Biennalen um die halbe Welt. Die Frage nach seiner Vorstellung von einem Leben nach der Galerie, stellt sich darum auch sofort als völlig absurd heraus.

Wie macht man aus Interessenten Käufer?

Talent zur Hexerei braucht man auch, um als Galerist aus potenziellen Interessenten Käufer werden zu lassen. „Werke im Wert von 50000 bis 150000 Euro in München zu verkaufen, ist nicht so schwer“ – darüber werde die Luft merklich dünner. Aber manch einer suche über die Kunst Zugang zu einer exklusiveren Gesellschaft, stellt Schöttle fest: „Und ein Kunstwerk ist ja doch interessanter als ein Auto oder eine Villa, oder?“ Daraus, dass hier eben Statussymbole gehandelt werden, macht Schöttle keinen Hehl. „Das war doch schon immer so. Einen Tizian konnte sich auch nicht jeder leisten.“

Galerie Rüdiger Schöttle, Amalienstraße 41 Rgb, Di bis Fr 11 bis 18, Sa 12 bis 16 Uhr (nicht am 4. Januar)
Die Ausstellung „Jeff Wall und Andreas Gursky“ ist noch bis 1. Februar zu sehen, dann folgt am 7. Februar Heinz Frank.

 

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