Pinakothek der Moderne: Dieses Depot ist eine Schau
München - Es gibt Räume, in denen man sich spontan wohlfühlt. Das ist oft genug gar nicht so genau zu erklären, zumal wenn es in die fensterlosen Kellerzonen geht und dann womöglich noch mausgrauer Sichtbeton regiert - wie neuerdings im X-Depot der Neuen Sammlung. Wobei dieser über zwei Etagen reichende Saal coronabedingt seit einem Jahr seiner Vorstellung harrt. Auf ein paar Monate kam es nun allerdings auch nicht mehr an, denn ein Schaudepot war gleich nach der Eröffnung der dritten Pinakothek im September 2002 angedacht.

Doch wie so oft ging das Geld aus, und der vor zwei Jahren verstorbene Ex-Direktor Florian Hufnagl strich zwischen Sparzwang und vorzeitiger Renovierung - Risse in der Rotunde - irgendwann die Segel. Dabei beschert ein solches Konstrukt ungeahnte Freiheiten. Hufnagls Nachfolgerin Angelika Nollert ging deshalb bei den ortsverdächtigen Mäzenen auf Werbetour. Und dem Kunstministerium blieb nichts anderes übrig, als mitzuziehen.
Schaudepot: Star-Entwürfe neben industrieller Massenware
Nach ein paar baulichen Eingriffen (Architekten Kuehn Malvezzi) können die Hüter dieser über 100.000 Objekte umfassenden und weltweit bedeutenden Design-Sammlung nun quasi frei Schnauze zeigen, was ihnen interessant und sehenswert erscheint. Zwar wurde nach Themen, Materialien oder Farben geordnet, aber die Kombinationen sind doch wild. Star-Entwürfe stehen neben industrieller Massenware, Sündteures neben dem, was in so ziemlich jedem Haushalt vorkommt. Solche Arrangements würde man so in keiner Ausstellung präsentieren.

Aber genau das macht den Reiz aus, denn dieses neue Schaudepot erzählt eine Menge über unser Leben. Ob das nun Thermoskannen und Handys sind, ob krumme OP-Scheren oder ein hinreißendes Stoffnashorn aus der DDR. Ob ein alter Kirchenofen aus der Barockzeit (wann kann man solche Objekte schon zeigen?), Alessandro Mendinis verrückte Stufenkommode oder ein moosgrünes Colani-Klo. Das hat in den Siebzigern perfekt zum Telefon gepasst, das man bei der Post noch mieten musste. Ein herrlich nostalgischer Hingucker ist zudem die Agip-Zapfsäule, und der Aufmarsch silberglänzender Toaster weckt gewisse Begehrlichkeiten.
Wahrscheinlich gibt es im Kunstareal keine zweite Schau, in der wirklich jeder etwas findet, Ästheten wie Technikfreaks, ältere wie jüngere Besucher und genauso Kinder. An der Auftakt-Version haben Angelika Nollert und Josef Straßer auch lange und bis zuletzt gefeilt. Und doch wird es keinen Stillstand geben, auch dafür steht das große X.
Pinakothek der Moderne, Di bis So 10 bis 18, Do bis 20 Uhr
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