Museum Mensch und Natur: Subtile Veränderungen der Welt

Das Museum Mensch und Natur zeigt Arbeiten des Konzeptkünstlers Ekkeland Götze mit Erden aus fünf Kontinenten.
Joachim Goetz |
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Nicht gemalt, nicht fotografiert, sondern Drucke mit echter Erde ergeben das "Bild der Erde" von Ekkeland Götze. Foto: EG / Museum Mensch und Natur
Nicht gemalt, nicht fotografiert, sondern Drucke mit echter Erde ergeben das "Bild der Erde" von Ekkeland Götze. Foto: EG / Museum Mensch und Natur © EG / Museum Mensch und Natur

Beim Label "Bild der Erde" stellt man sich vielleicht erst einmal etwas anderes vor als eine Kollektion von meist erdfarbenenene, oft monotonen, quadratischen Tafeln von braun-orange über rötlich, grünlich bis hin zu schiefergrau.

Deshalb schreibt der Konzeptkünstler und Maler Ekkeland Götze, der 1948 in Dresden geboren wurde und 1988 nach München zog, das "ERDE"-Wort im Titel seiner schönen und ästhetischen Ausstellung auch in Versalien. Es geht ihm nämlich um die Erde im doppelten Wortsinn: um das schnöde Material - und schließlich auch um den Planeten.

Götze sammelt Erde von allen Kontinenten

Konkret heißt das: Götze sammelt an ausgewählten Fundstellen auf allen Kontinenten Erde: reine nicht manipulierte. Die bringt er nach Hause und druckt sie - nach einem speziellen, von ihm entwickelten Verfahren - auf Papier, als Fresko auf frischen Kalkmörtel oder auf andere, dickere Untergründe.

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"Terragrafie" nennt er das, also mit Erde schreiben oder zeichnen. Dabei verarbeitet Götze, dessen Werke auf den ersten Blick auch an die Konkrete Kunst erinnern, die geborgenen Erden nicht zu Pigmenten. Er siebt das Material nur, mischt es mit Bindemittel und druckt es dann. Wenn dabei Schlieren, Texturen, Strukturen entstehen - was mitunter zu dekorativen Schöpfungen führt - ist dies nur der Körnigkeit und den chemischen Eigenschaften der Erden zu verdanken.

Der Künstler selbst hält sich zurück. Das gilt auch für die Situation vor Ort. Götze arbeitet immer mit den dort lebenden Einheimischen zusammen, er lässt sich gerne von ihren Mythen und ihrer Spiritualität leiten. Und er birgt seine Erdfunde ausschließlich mit ihrer Erlaubnis. Er sieht sich auch als Medium zwischen uns und der Welt, macht sichtbar was existiert, ohne dabei realistisch zu werden, er arbeitet mit der Natur, die er in künstlerische Abstraktionen entführt.

Für Götze ist die Kunstgeschichte eher zweitrangig

Das von Götze als Bildformat gewählte Quadrat ist fürs erste auch keine Hommage an die frühen Avantgardisten wie den in Kiew geborenen Kasimir Sewerinowitsch Malewitsch (1879-1935) oder Josef Albers (1888-1976). Sie hatten das abstrakte Quadrat zwar als Bildmotiv salonfähig gemacht und mit Bedeutung aufgeladen. Für Götze aber ist die Kunstgeschichte eher zweitrangig.

Wichtiger ist, dass das Quadrat eine ruhige, zurückhaltende und dabei strenge Form ist, die außer der Größe keine Variationen zulässt und so nur den nicht ablenkenden Rahmen, nicht ablenkende Form bildet. So kann man sich mit Ebenen jenseits des oberflächlich Sichtbaren und den Assoziationen dieser Kunst beschäftigen.

Götze ist für seine Kunst überall auf der Welt unterwegs

Kurze informative Texte erklären die verschiedenen Projekte und Orte. Wie etwa die großformatigen, grauen Gletscher-Bilder. Götze gewinnt Teile seiner seine Kunst-Substanz an den Toren oder Zungen markanter Alpen-Gletscher. Er suchte den nördlichsten, den südlichsten, den östlichsten, den westlichsten, den ältesten, berühmtesten, gefährlichsten auf. Und zeigt uns mit den schwarzgrauen Bildern, einer bald überholten künstlerischen Momentaufnahme, die große Gemeinsamkeit der abschmelzenden Gletscher.

Der einleitende Sinnspruch ist einem Goethe-Gedicht nachempfunden: "Vom Eise befreit sind Berge und Täler … - nicht durch des Frühlings holden, belebenden Blick, sondern durch das maßlose Streben des Menschen nach Glück."

An Island faszinierte den Künstler neben dem etwa 1.000 Jahre alten Epos der Edda dieses "Land zwischen der Alten und Neuen Welt, unter dessen Eispanzer das Feuer der Erde glüht." In Nordamerika besuchte er in den Black Hills sakrale Orte der Sioux. In einem heiligen Ritual in der Schwitzhütte wurden die Entnahme-Stationen bestimmt.

Fast 5.000 Meilen legten die Forschungsreisenden zurück

Bei den Maori interessierten ihn die Mythen zu Vulkan, Feuer und heißen Quellen. Die Erden stammen vom Mount Tarawera und aus dem Thermalgebiet Whakarewarewa. Für das Projekt Amazonas lassen sich die 51 Fundstellen der mitgebrachten Erden auf einer Landkarte ablesen.

Fast 5.000 Meilen legten die künstlerischen Forschungsreisenden zurück, kamen von der Amazonasmündung bis nach Venezuela. Götze dokumentierte an jedem der Punkte die Laute der Umgebung, fotografierte den Himmel, porträtierte und interviewte eine der beteiligten Personen. Das wird beispielhaft mit Audio und Foto veranschaulicht.

Diese Kunst macht, wie Museumsleiter Michael Apel bemerkt: "auf ganz subtile Art und Weise auf Veränderungen unserer Welt und unsere Verantwortung dafür aufmerksam." Deshalb passt sie auch so gut in sein Haus.


Museum Mensch und Natur im Schloss Nymphenburg, bis 6. November, Di - Fr, 9 -17 Uhr, Sa, So, feiertags 10 - 18 Uhr

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