München: Sanierung dringend nötig - die Glyptothek muss schließen

München - Schon seit Jahren wird die Alte Pinakothek renoviert, die Neue ist demnächst dran. Die Archäologische Staatssammlung geht gerade in die Generalüberholung. Und David Chipperfields Sanierungspläne für das Haus der Kunst schlagen Wellen. Doch neben all diesen Großbaustellen ist das vielleicht schönste Museum Münchens glatt übersehen worden: die Glyptothek. Sie muss dezent überholt werden. Ihr Direktor Florian Knauß hat aber noch mehr im Sinn.
AZ: Herr Knauß, man hört, die Glyptothek muss bald saniert werden.
FLORIAN KNAUSS: Ja, die Planungen sind in vollem Gange, und wenn alles gut verläuft, wird die Glyptothek im Herbst 2018 geschlossen.
Was wird gemacht?
Es gibt drei Gründe für eine Sanierung: Die Fassade muss im Sinne der Sicherheit renoviert werden, damit sich nichts vom Gebälk löst und um den Verfall aufzuhalten. Dann soll die Barrierefreiheit verbessert werden - das betrifft den Zugang zum Museum, zu den Toiletten und so weiter. Der dritte Punkt ist die Elektrifizierung. Seit der Wiedereröffnung 1972 zur Zeit der Olympischen Spiele wurde nichts Grundlegendes am Gebäude mehr unternommen.
Soll sich auch an der Ausstellung etwas verändern?
Nichts Grundsätzliches. Wir gehen nur minimale Details an und nehmen die Sanierung zum Anlass, etwa bei den Ägineten im Giebel neueste Forschungsergebnisse einzubringen. Meine Kollegen und ich finden die Glyptothek, so wie sie jetzt ist, wunderbar. Deshalb da auch wenig geändert werden. Jedenfalls versuchen wir diejenigen, die sich bisher wohlgefühlt haben, nicht vor den Kopf zu stoßen, und die Besucher, die berechtigte Forderungen an uns haben, noch zufriedener zu stellen.
Der Brandschutz spielt wahrscheinlich auch eine Rolle.
Natürlich wird der bei einer solchen Maßnahme auch berücksichtigt - soweit das bei einem denkmalgeschützten Gebäude möglich ist.
Wie lange schließen Sie?
Etwas über ein Jahr.
Planen Sie, herausragende Objekte in der Antikensammlung zu zeigen? Oder müssen wir auf den Barberinischen Faun und die Ägineten verzichten?
Die genannten Stücke, auch die Kuroi, sind besonders fragil, die wollen wir schon aus Gründen der Objektsicherheit nicht bewegen. Sie werden eingehaust, damit ihnen nichts passiert. Die übrigen Exponaten in die Antikensammlung oder an einen dritten Ort zu schaffen, ist weder sinnvoll, noch durchführbar. Allerdings kommen wir in der Zeit der Schließung anderen Museen entgegen, die uns genauso mit Leihgaben versorgt haben - jetzt etwa die Sammlung in Berlin, die uns bei der aktuellen Ausstellung der Charakterköpfe mit herausragenden Objekten unterstützt hat.
Während die Glyptothek sehr einladend ist, machen die Antikensammlungen gegenüber einen weniger guten Eindruck. Von einem modernen Museum ist das Haus meilenweit entfernt.
Das sehe ich genauso. Die Objekte, die griechischen Vasen und der Goldschmuck in den Antikensammlungen sind mindestens so bedeutend wie die Skulpturen in der Glyptothek. Es gibt nur wenige vergleichbare Sammlungen antiker Kunst auf der Welt. Aber das Gebäude in seiner jetzigen Form wird diesem Anspruch nicht gerecht. Da sind Eingriffe in die Museumsarchitektur notwendig, und es gibt konkrete Überlegungen, das Haus im Zuge einer Sanierung zu einem zeitgemäßen Museum zu gestalten.
Wie konkret ist das Ganze?
Wir arbeiten bereits mit dem staatlichen Bauamt zusammen.
Gibt es schon einen Zeitplan?
Ich bin guter Hoffnung, in meiner Amtszeit zu erleben, dass die Antikensammlung eine so schöne Museumshülle bekommt, wie es die Objekte verdient haben.
Was signalisieren denn die Verantwortlichen?
Wir sind da keineswegs naiv, und sehen ja, dass schon unser Ministerium eine kaum überschaubare Zahl von Baustellen hat. Nun wurden uns die konkreten Überlegungen bereits zugestanden, diese Planungen kosten ja Geld. Das signalisiert mir, dass unser Ansinnen nicht aussichtslos ist.
Wie könnten die neuen Antikensammlungen aussehen?
Wichtig ist, dass wir in Zukunft in der Lage sind, Sonderausstellungen zu planen und umzusetzen, ohne dafür große Teile des Museums zu schließen. Was die Barrierefreiheit anbelangt, stellen sich hier übrigens noch ganz andere Probleme. Das beginnt schon mit den vielen Treppen hinauf zum Eingang, im Inneren haben wir sogar drei Ebenen und keinen Aufzug. Zudem sind die klimatischen Bedingungen für unsere Objekte alles andere als optimal, deshalb können wir manches nur im Keller ausstellen, weil dort die Voraussetzungen gegeben sind.
Wie schaut es mit dem Komfort und dem Service des künftigen Museums aus?
Dazu gehören natürlich ein Café, ein Shop und ein einladender Empfangsbereich. Momentan starren Sie beim Betreten auf eine Wand. Dann bieten wir seit etwa 15 Jahren ein gut angenommenes Programm für junge Besucher - und haben keine Räume dafür. Das heißt, wir befinden uns mit den Gruppen ständig zwischen den Objekten, was ein gewisses Risiko birgt. Auch da müsste einiges passieren. Und es gibt ja Innenhöfe, die ungenutzt sind.
Träumen Sie von Antikensammlungen im Stil des Akropolis-Museums?
Nein! Da empfinde ich keine Spur von Neid. Im Gegenteil. Das Gebäude, das Georg Friedrich Ziebland von 1838 bis 1848 errichtet hat, ist ursprünglich ein wunderbares Museum gewesen. Die einst stärker parzellierten, zum Teil niedrigeren Säle mit ihrem Tonnengewölbe wären geradezu ideal. Dabei war das Ganze damals gar nicht für eine antike Sammlung, sondern als Kunst- und Industriegebäude geplant. Mit der alten Ziebland-Architektur wären wir jedenfalls schon relativ nah an dem, was ich mir vorstelle. Neue Technik wie Aufzüge müssten hier einfach nur gut integriert werden. Das Akropolismuseum ist für mich keine ideale Lösung. Da habe ich andere Vorbilder.
Wie sehen die aus?
Ich denke, man sollte sich mit der Geschichte des Hauses auseinandersetzen, das weist einem schon den Weg. Aber da bin ich auch sehr offen, wir sammeln gerade Vorschläge. Aus unserem Freundeskreis kam die schöne Idee, den offenen Eingangsbereich wieder herzustellen. Ursprünglich gab es dort eine Säulenstellung. Das wäre sogar ein Traum. Aber man muss sehen, was realisierbar ist. Auch finanziell. Grundsätzlich sollen die Objekte im Vordergrund stehen und der Besucher sich wohlfühlen.
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