"Monkiss": Malerisches Affentheater

Rudi Hurzlmeier und Harry Rowohlt wurden nicht von der Muse, sondern vom Affen geküsst: „Monkiss“ beeindruckt mit tierischen Bildern.
Michael Stadler |
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Rudi Hurzlmeier und Harry Rowohlt wurden nicht von der Muse, sondern vom Affen geküsst: „Monkiss“ beeindruckt mit tierischen Bildern.

München - Lächelt sie oder lächelt sie nicht? Diverse Kunstwissenschaftler haben sich angesichts von Leonardo da Vincis „Mona Lisa“ schon die Haare zerrauft und die grauen Zellen angestrengt, um dann wild schnatternd im Käfig des Diskurses herumzuspringen.

Aber man ist sich doch sicher, dass das Modell, vermutlich die Florentinerin Lisa del Giocondo, etwas Positives ausstrahlt. Sie lächelt halt in sich hinein, die Mona Lisa, verführt den Betrachter mit ihrer verhaltenen Erotik zum faszinierten Hinschauen. Und stammt, Darwin lässt herzlich grüßen, wie wir alle vom Affen ab.

Wie sähe das also aus, wenn die Evolution zwar in Sachen Hirn, aber nicht optisch einen Schritt weiter gegangen wäre? Der in München lebende Maler Rudi Hurzlmeier und Publizist Harry Rowohlt haben sich für ihre – nach dem Tod Rowohlts nun leider letzte – Zusammenarbeit mehr oder minder berühmte Gemälde vorgenommen, um die menschlichen Antlitze der Porträtierten durch die Visagen von Primaten zu ersetzen. Das ist so ernst gemeint, wie es klingt. Aber in jedem Spaß droht der Angriff der Melancholie. So auch hier: Die Mona Lisa etwa, die sich in dem Bildband „Monkiss“ findet, zeigt sich in der Nasenaffen-Version wenig erfreut, die Mundpartie zu einer fast geraden Linie verzogen, als ob ihr die letzte Bananenration verwehrt blieb. Und Stillhalten ist ja der Affen Sache auch nicht unbedingt – da kann so ein Modell schon mal sauer werden.

Hurzlmeier hat aber vermutlich sowieso von Tierfotografien abgemalt, während Rowohlt sich zu einigen Schüttelreimen hinreißen ließ, weil es nun mal auch sein Job war, dem Affen Zucker zu geben. Auf einem der Porträts pafft nicht etwa Van Gogh, sondern ein rotgesichtiger Pavian Pfeife. Und Rowohlt dichtet kenntnisreich: „Ich schmauche voll Rohr, Brauch dazu kein Ohr.“

Humor hat in der Kunst nicht immer was zu suchen, besonders in der Porträtkunst nicht, weil das Abbild ja nicht zum Lachen anregen, sondern eher Macht, Schönheit und Anmut des dargestellten Subjekts ausstrahlen soll. Hurzlmeier und Rowohlt treiben den Porträts ihren tierischen Ernst aus, erfüllen dabei ganz klassisch den Zweck der (Selbst-)Vergewisserung: Wir sind halt letztlich alle nur Affen, die sich bei Bedarf mittels einiger Accessoires zivilisatorisch verkleiden. So macht Rembrandts „Mann mit dem Goldhelm“ auch mit Gorilla-Gesicht mächtig Eindruck. Der Spruch dazu, verfasst von Hurzlmeier: „Was ist nur mit Rembrandt los? Der Goldhelm steht mir doch famos!“

Denkansätze zum Verhältnis Mensch und Affe, von Schopenhauer bis Nietzsche, kann man vor der Bilderschau lesen. Danach gibt’s ein Gedicht von Erich Kästner. Feinsinnig lustig ist das insgesamt – allein mit der Sprache haben wir den Affen ja doch was voraus. Ihrem Charme jedoch kommen wir kaum hinterher, weil wir Menschen Vieles viel zu ernst nehmen. In „Monkiss“ lächelt uns dagegen die Evolution aufmunternd zu.       

Rudi Hurzlmeier & Harry Rowohlt: „Monkiss“ (Haffmans Verlag bei Zweitausendeins, 64 Seiten, 9,90 Euro). Erhältlich bei www.zweitausendeins.de

 

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