Mit dem Picknickkorb in die Grabkammer

Im Ägyptischen Museum in der Residenz geht’s ins Jenseits – zum letzten Mal vor dem Umzug
von  Christa Sigg

Sie lächelt versonnen, er scheint nicht minder zufrieden mit seiner Wahl. Zärtlich umfassen sich die beiden an den Schultern und geben das ab, was man landläufig als schönes Paar bezeichnet. Heute in Oberbayern wie vor gut 2000 Jahren in Theben. Das Traumduo sitzt allerdings nicht an einer Festtafel, sondern in einer Grabkammer. Die beiden sind noch nicht einmal Mann und Frau – sondern Sohn und Mutter.

Das mag uns kurios vorkommen, aber für die altägyptische Ewigkeit spielten solche Details keine Rolle. Schließlich ging’s darum, das Familiengrab möglichst prächtig auszustatten, und dazu gehörten nun mal kostbare Statuen. Sozusagen als Ersatzkörper für den oder die Verstorbenen inmitten einer sagenhaften Bilderwelt. Die kann man zur Zeit ganz genau ins Visier nehmen: In den Noch-Räumen des Ägyptischen Museums in der Residenz ist die Rekonstruktion der Grabkammer des Rai aufgebaut (1300 vor Jesus Christus).

Die "große Fresserin" wartet schon auf den armen Sünder

Eine Nekropole für Großkopferte im Kleinformat, könnte man sagen. Denn nicht nur die Pharaonen wollten im Jenseits gut aufgehoben sein, auch Wesire, höhere und mittlere Beamte wie besagter Rai leisteten sich prächtige Ruhestätten. Die konnten ihre Hinterbliebenen dann besuchen, an einem bestimmten Tag im Jahr schaute die Mischpoke bei den Altvorderen sogar mit einem Picknick vorbei – ein bisschen wie die Katholiken an Allerheiligen, nur profaner.

Wobei man in einer altägyptischen Grabkammer auch bestens unterhalten war, das zeigt die Hinterlassenschaft des königlichen Schreibers. Die Wände zierten Malereien, deren Deutungen spannende Geschichten erzählen. Von Angehörigen – dargestellt mit der Hand am Kinn, dem Trauergestus – oder von „Jenseitsvorsorgen”. Und nicht zuletzt vom Totengericht mit dem Herzen auf der Waagschale, unter der schon die „große Fresserin” giert: ein eher niedliches Wesen mit Krokodilskopf, Raubkatzenleib und Nilpferdhintern. Die Vorstellung vom Fegefeuer bietet eine grausigere Abschreckung, dagegen gibt’s bei den alten Ägyptern aber auch keine zweite Chance. Gespickt ist die Schau (die lange auf Schloss Seefeld gezeigt wurde) mit Originalen wie dem eingangs erwähnten Paar, das aus einer anderen, vergleichbaren Grabkammer stammt.

Für Besucher, die im Jenseits dann doch die Museums-Gegenwart vermissen, gibt’s nebenan eine Vitrine mit kleinen Nilpferden, dem ältesten Glaskelch überhaupt oder einem goldenen Miniaturlöwen. „Lieblingsstücke” nennt sie Museumschefin Sylvia Schoske. Die mag sie den Fans der Sammlung nicht bis zur Neueröffnung an der Gabelsbergerstraße vorenthalten. Man könnte aber auch von Haben-wollen-Objekten sprechen, die mindestens Kaufgelüste wecken und hier womöglich für den neuen Museumsshop getestet werden?

„Reise in die Unterwelt”, bis 9. Juni 2013 im Ägyptischen Museum in der Residenz

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