Medienexperte stellt Schwarz-Gelb schlechtes Zeugnis aus

Im Fach Kunst gibt der Leiter des Karlsruher Medienmuseums der Bundesregierung ein „mangelhaft“. Die Koalition von CDU/CSU und FDP hat kulturell wenig zustande gebracht
Ingo Senft-Werner |
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Im Fach Kunst gibt der Leiter des Karlsruher Medienmuseums der Bundesregierung ein „mangelhaft“. Die Koalition von CDU/CSU und FDP hat kulturell wenig zustande gebracht

Die Bezeichnung Tausendsassa passt genau auf Peter Weibel. Der Künstler und Kunsttheoretiker tanzt auf mehreren Hochzeiten. Seit 14 Jahren leitet er das Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, das er zu einer Art deutschem Centre Pompidou entwickeln will. Daneben hält er Vorträge in aller Welt.

Herr Weibel, wo hat die schwarz-gelbe Bundesregierung in den vergangenen vier Jahren kulturpolitische Akzente gesetzt?

Nirgends. Ich sehe nichts. Diese Regierung hat in den vergangenen vier Jahren im Inland keinen einzigen relevanten Akzent in der Kultur gesetzt. Keine Initiative, keine Agenda, weder bei der dringend notwendigen Restaurierung vieler Kulturgüter noch bei der Talentförderung. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel ist höchstens durch fragwürdige Personalpolitik aufgefallen, etwa mit ihrer Unterstützung von Katharina Wagner in Bayreuth. Nur in der Außenbeziehung, im interkulturellen Dialog wurden Fortschritte erzielt. Im Ausland hat die Bundesrepublik durch die Friedensarbeit der Goethe-Institute ein freundliches Gesicht. Nicht zuletzt deshalb wurde Deutschland zum beliebtesten Land der Welt gewählt.

Und im Inland darbt jetzt die Kultur?

Nein, Deutschland ist ein funktionierendes Kulturland, aber das ist nicht das Verdienst dieser Regierung. Vielmehr profitiert sie von den Errungenschaften der Vorgängerregierung. Vor allem die 2002 gegründete Bundeskulturstiftung leistet gute Arbeit.

Wieso nehmen das die Kulturschaffenden so einfach hin?

Die Kunst ist zu einer Magd des Marktes geworden. Wenn sie vom Markt gehätschelt wird, ist sie zufrieden und überlässt den politischen Kampf anderen. Das lässt sich ja an den jüngsten Debatten um Bushido und Jonathan Meese ablesen. Nur noch starke Sprüche und nichts dahinter mit dem einzigen Ziel, den eigenen Marktwert in die Höhe zu treiben. Und die Medien tun ein übriges. Kultur findet hier nur noch häppchenweise statt, für eine grundlegende Auseinandersetzung mit ihr fehlt der Platz und die Geduld.

Was lässt sich dagegen unternehmen?

Das Zauberwort heißt Bildung. Man muss nicht die Kunst stärken, sondern ihr Umfeld. Die Menschen müssen erfahren, dass sich das Wissen um Kultur lohnt. Also nicht Lehrer entlassen, sondern einstellen, das Studium nicht mit Bologna beschleunigen sondern Luft für Kultur lassen. Ansonsten wird jede Chance getötet, sich für Kunst zu interessieren.

Welchen Akzent erwartet sie neben der Bildungsförderung von der kommenden Bundesregierung?

Das Schlagwort heißt Digitalisierung. Die Menschen brauchen einen digitalen Zugang zur Kunst. Ein Beispiel: Wir haben so viele Museen in Europa, deren Schätze wir gar nicht kennen. Mit dem Internet können wir diese Lücken schließen. Allerdings gilt: Es muss Spaß machen, das anzuschauen. Das bedeutet, die besten Algorithmen zu finden. Für die Entwicklung muss die Bundesregierung eine Taskforce mit Fachleuten aus dem In- und Ausland ins Leben rufen. Bei Suchmaschinen und sozialen Netzwerken können wir den Amerikanern nicht mehr Paroli bieten, bei der Kultur dagegen haben wir die Chance, eine Vormachtstellung zu erreichen.

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