Lisa Britzger und Luzi Gross leiten die Halle Lothringer 13

Roberta De Righi |
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Lisa Britzger (links) und Luzi Gross verrücken gerade farbstarke Großobjekte von Bernhard Rappold. Den beiden Neuen in der Lothringer 13 geht es nicht ums bloße Bildergucken. Die Haidhauser Halle soll auch ein lebendiger Ort für Experimente und den künstlerischen Austausch sein.
Roberta De Righi Lisa Britzger (links) und Luzi Gross verrücken gerade farbstarke Großobjekte von Bernhard Rappold. Den beiden Neuen in der Lothringer 13 geht es nicht ums bloße Bildergucken. Die Haidhauser Halle soll auch ein lebendiger Ort für Experimente und den künstlerischen Austausch sein.

Wer Shabby-Chic und eine etwas raue Fabrik-Ästhetik mag, muss die Lothringer 13 in Haidhausen einfach lieben: Die große, hohe Halle mit Nordlicht, an der seit Jahren nichts verändert wurde, ist einer der letzten Frei-Räume für Kunst und feiert heuer 40. Geburtstag. Der städtische Kunstraum ist seit 1980 in einer ehemaligen Maschinenwerkstatt im Hinterhof der Lothringerstraße untergebracht. Die Immobilie selbst gehört nicht der Stadt. Die weite Halle hat nicht nur museale Ausmaße, sondern bietet im ersten Geschoss noch weitere Räume.

Im Februar 2020 übernahm das Kuratorinnen-Team Lisa Britzger und Luzi Gross mit Gestalterin Anna Lena von Helldorf die Lothringer 13 Halle für die kommenden drei Jahre. Ein Start voller Unwägbarkeiten, nicht nur wegen Corona: So wurde der Laden zur Straße hin – zuletzt als Bar, Leseraum und Schaufenster und im Nebenraum auch als Büro genutzt – auf unbestimmte Zeit geschlossen, weil dort Schadstoffe gefunden wurden.

Jetzt haben sich Britzger und Gross ihr Büro erst mal im Atelier im ersten Stock eingerichtet. Und am Donnerstag eröffnet endlich ihr erstes Projekt. Sie beschlossen, sich der von organisatorischer Unsicherheit geprägten „Situation zu stellen“ (Britzger) und in der Ausstellung konzeptuell auf alle aktuellen Veränderungen zu reagieren.

„Kollaborativ, kontextspezifisch und transdisziplinär“ lauten die Schlagworte für den Ansatz von Britzger (geboren 1982) und Gross (geboren 1987). Die beiden lernten sich in Hildesheim kennen, wo sie Kulturwissenschaften studierten. Britzger leitete nach Stationen in München und Hamburg bis 2018 den Kunstverein Harburger Bahnhof, Gross arbeitete u. a. an der documenta14 mit und bis 2019 im Kunstverein Hildesheim.

40 Künstler denken über gemeinsames Wohnen und Arbeiten nach

„Den Betrachter, der alleine und kontemplativ vor einem Bild steht, gibt es nicht mehr“, erklärt Lisa Britzger. „Hier war immer ein Ort der Produktion. Wir wollen den Plattform-Charakter wieder mehr betonen, und als lebendigen Ort für Experimente und des künstlerischen Austausches stärken“, beschreibt Gross das Konzept. In der Hildesheimer Schule tritt anstelle der Objektbezogenheit die Vermittlung im Vordergrund.

Unter dem Titel „This house is not a home“ lädt nun die Initiative „K 2020“ über drei Monate hinweg insgesamt 40 weitere Künstler zu einer „Simulation“ temporären gemeinsamen Wohnens und Arbeitens in die Lothringer 13 Halle ein. Dabei sollen „die sozialen und praktischen Aspekte des Sich-Einrichtens in einer neoliberalen Wirklichkeit überprüft werden“. Es gehe, so Britzger, nicht ums fertige Produkt einer Ausstellung, sondern um den gemeinsamen Weg dorthin.

Bis Mitte September wird es drei „Aktivierungsphasen“ geben: Jeweils drei Tage, an denen einige der Künstler vor Ort sind und den Besuchern in kleinen Gruppen erweitere Führungen anbieten. Nach den bisher geltenden Abstandsregeln können sich 30 Personen darin aufhalten; ob das nun wie im Handel verdoppelt werden kann, ist noch unklar.

Das Ganze ist Versuchsanordnung und work in progress; Teile des Mobiliars werden noch geschaffen, ein paar einzelne Angebote sind bereits vorhanden: So schuf etwa Bernhard Rappold drei verschiebbare Großformate, die überbordend bunt bemalt sind. Dazu liegen farbige Textilien zur Camouflage aus, so kann der Betrachter Teil des Kunstwerks werden. Angela Stiegler wiederum baute zwei Trainings-Geräte auf, auf denen man sich – im Corona-Abstand – gegenüber sitzt und gemeinsam Gelegenheit für Sport und Kommunikation hat. Und Kamilla Bischof bietet auf einem Kleiderständer die Möglichkeit „belastete Gegenstände“ und damit die dazugehörigen Sorgen abzulegen. Der therapeutische Effekt von Kunst kann zurzeit bestimmt nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Ab Donnerstag bis 27. September, Lothringer 13 Halle, Mi bis So 11 – 19 Uhr

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