Kunst im Südpark

SENDLING - Heilsame Kräfte im Wald entdecken ist hip. Waldbaden auch, um das eigene Wohlbefinden zu stärken, Stresslevel senken, Immunsystem aktivieren. Im Wald herumlaufen gilt inzwischen nicht nur unter Esoterikern als pure Medizin. Wie es dem Wald dabei geht, ist aber vielen wurscht.
Die zehn Künstler von SüdpART haben andere Ziele. Und den Wald selber im Blick, konkret den Südpark, den Sendlinger Wald in München. Dort sind derzeit 13 Objekte zum Begehen, Wahrnehmen, Erleben zu sehen. Die auf den Wald „heilend“ wirken sollen, zu seinem Wohl entstehen, an seinem Schicksal teilhaben.
Wie das geht? Man verwendet für diese Sendlinger Land-Art nur Materialien, die dort vorhanden sind: Totholz, Tannenzapfen, abgefallene lose Äste, Reste von Rinden, Blätter, Steine, Moos, Brombeerruten, Gräser. Selbst die Verbindungselemente sind aus natürlichen dort vorkommenden Werkstoffen gemacht wie auch die wenigen Farben, die verwendet wurden.
Werden und vergehen
Diese Kunst ist nicht für die Ewigkeit. Sie soll einfach wieder vergehen, verschwinden. Zurück zu den Wurzeln, im wörtlichen Sinne. Zurück in den Kreislauf der Natur. Damit will man freilich auch demonstrieren, dass sich der Mensch und auch der Künstler wieder darüber klar werden sollen: dass er eben auch (nur) ein Element dieser Natur ist.
Am Anfang war Zerstörung: Lore Galitz, Initiatorin von SüdpART, entdeckte 2016 den kaputten Sendlinger Wald nahe der Garmischer Autobahn. Sturm Niklas im Frühjahr 2015, Borkenkäfer im folgenden heißen Sommer: Notfällungen sind seither an der Tagesordnung. Lore Galitz wollte darauf aufmerksam machen, dem Wald etwas zurückgeben. Mit einer Kunst, die sich einordnet, aber auch den Betrachter aufrüttelt.
Ästhetische Kontraste sind nicht ausgeschlossen. Andreas Bejenke hat etwa aus vorgefundenen Birkenästen eine sich weiß absetzende Pyramide ins wuchernde Brombeerdickicht gelegt. Das wirkt aus der Entfernung perspektivisch, fast wie ein Weg ins Nichts.
Anne Pincus, die sich in ihren Ölgemälden sonst gerne mit barocken europäischen Parkanlagen beschäftigt, hat Bäume eingezäunt. Unzugänglich. Aber den Kopf kann man durch ein Loch in der Einfriedung aus alten Ästen stecken und schauen, wie sich das Innere anfühlt: wie ein Schutzraum, wie ein Gefängnis? Geht es um Grenzbefestigung, aus- und abgrenzen, ein- und ausschließen? Erstaunlich, was für Assoziationen so ein kunstvolles Gatter auslösen kann.
Die brachiale Gewalt der Natur
Auch Stümpfe abgesägter Bäume inspirieren: Nia Leitl hat eine von einem Kreis junger Bäumchen umrundete Baumstumpfinsel mit einer dreidimensionalen Struktur zu einer „Sonnenspirale“ ergänzt. Verena Friedrich pflanzte auf einige Stümpfe geflochtene Objekte, die an Fischreusen erinnern und als gute Wünsche fürs Trotzdem-Wachsen gesehen werden können.
Verschiedene Moossorten, die der Besucher gerne gießen darf, hat Angela Dorscht zu einer Insel gefügt. Einen konzentrierten Blick hinein in den geschundenen Wald erzeugt Lore Galitz mit ihren großen, geflochtenen Ringen, die jeweils zwischen zwei Bäumen angebracht sind.
Ähnliches treibt Gertrud Fassnacht mit ihrem „Raum der Entfaltung“ um. Im Vordergrund ein herausgeputztes, von allem natürlichen „Unrat“ gesäubertes Quadrat mit jungen Bäumchen. Im Hintergrund drohend ein auf der Höhe von zwei Metern abgeknickter Baumriese, der im Fallen mit seinen Wurzeln einen metertiefen Krater in den Waldboden riss: die brachiale Gewalt der Natur. Wird sie sich jemals wieder zähmen lassen?#
Genau solche Eindrücke machen das ganze Projekt so interessant und sehenswert.
Infos auf www.suedpart.de, Lageplände am Südpark-Parkplatz, Inninger Str. 30; Führungen am 26.8. um 18 Uhr, am 12. und 13.10. um 14 Uhr