Hans von Marées und Olaf Metzel

Die Neue Pinakothek konfrontiert Bilder des Hans von Marées mit Skulpturen von Olaf Metzel
Christa Sigg |
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Die Neue Pinakothek konfrontiert Bilder von Hans von Marées mit Skulpturen von Olaf Metzel

Beim einen scheiden sich die Geister, der andere erhitzt regelmäßig die Gemüter. Schon allein deshalb sollte eine Gegenüberstellung der Werke Hans von Marées‘ (1837 – 1887) und Olaf Metzels, Jahrgang 1952, für ein paar Funken sorgen. Außerdem schafft es der Münchner Bildhauer und Akademieprofessor, mit dem Deutschrömer Marées einen Maler in den Fokus zur rücken, dessen dunkle Refugien man in der Neuen Pinakothek – seien wir ehrlich – nur zu gerne umgeht.

Selbst nach intensiven Diskussionen ist am Ende keine rechte Übereinkunft zu erlangen. Die einen sehen in Marées den Suchenden, damit trifft er natürlich einen Nerv unserer Zeit, den Selbstquäler, der mit jedem Ergebnis alsbald wieder zu hadern begann. Oder den Anachronisten, der dem elegant schimmernden Salonbombast wie dem dramatisch Aufgeplusterten der Gründerzeit eine sympathische Absage erteilt hat und mit seinen unsicheren Verortungen in sich gekehrter Figuren in kaum fassbaren Räumen den Wegbereitern der Moderne zugerechnet werden muss.

Alles schön und gut, halten die anderen bei diesem OEuvre dagegen. Aber so schlecht gemalt. Ein elendes Gebatz unzähliger Farbschichten, die sich zu reliefartigen Erhöhungen formieren, ein linkisches Posieren des Personals, missglückte Proportionen, vergurkte Extremitäten. Doch just in den Unvollkommenheiten eines nach Vollkommenheit Strebenden liegt für Metzel der Clou: „Dass er sich so oft vermalt hat, reizt mich regelrecht“.

Eine Muslima in Bronze

Nur, wo nähern sich die beiden? Wo liegen die Gemeinsamkeiten zwischen dem Maler scheinbar idealer Welten und dem in Berlin-Kreuzberg aufgewachsenen Objektkünstler, dessen treuer Begleiter der Protest ist? Sei es in Nürnberg, wo seine Stuhlinstallation zur Fußball-WM 2006 den Zorn der Bürger mächtig aufflackern ließ. Oder vor der nackten Kopftuchträgerin „Turkish Delight“ (2006), die Metzel als Hommage an die moderne, sich das Haupt bewusst verhüllende Muslima begreift.

Jetzt steht die Bronzedame, deren Wiener Version mehrfach demoliert wurde, in Saal 15 vor Marées „Goldenem Zeitalter“ (1880) und in Reichweite von Metzels Wandskulptur „Maidan II“ (2015), einer überdimensionalen zerknitterten Zeitungsseite aus Aluminium. Die Gegenwart ist eingebrochen in den kuriosen Kosmos eines Malers, der sich an seinen Idealvorstellungen des Menschen abgearbeitet hat und damit an den fernen Träumen des alten Europas.

Das brutale Jetzt knallt erst recht mit „Lampedusa“ in den Raum, noch so eine zerknüllte Riesenseite (Vanitas!), die den aktuellen Kampf der Flüchtlinge um ein besseres Dasein vor Marées „Hesperiden“ spült. In der griechischen Mythologie sind das die Töchter des Atlas, die übrigens auch als die „afrikanischen Schwestern“ bezeichnet werden.

Man kann einige Bögen spannen. Wenn man vom Kampf Metzels um eine Lösung, dem ausgedehnten Suchen, Verwerfen und Finden weiß, sowieso. Und doch hat dieses Tête-à-Tête etwas Bemühtes. Ganz unabhängig davon, dass man bei Marées eben auch von der Verarbeitung problematischer Beziehungen ausgehen muss.

Sei’s drum. Die Konfrontation führt dazu, Marées doch wieder einen Besuch abzustatten, sich beider Künstler Werke genauer anzusehen. Und über Weltbilder nachzudenken, die je „schöner“, desto weiter vom Leben vor dem Museum entfernt sind.

Neue Pinakothek, Saal 15 und 14a, bis 15. Februar

 

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