Gekippte Stimmung
Aufgabe erfüllt, könnte man aus Sicht des Kulturreferenten sagen. Denn was gibt es Schöneres, als wenn das immerhin 1,2 Millionen Euro teure Projekt im öffentlichen Raum, „A Space Called Public“, eben genau dort Debatten anstößt. Auch wenn es nicht immer die Debatten sind, die man vielleicht anstoßen wollte.
Außenwirkung bis nach Bangkok erzielt sonst allenfalls das Oktoberfest, nun hat es auch eine von den 17 Installationen des temporären Kunstprojekts in die thailändischen Medien geschafft. Seit dem 8. Mai liegt der gekippte Buddha des malayischen Künstlers Han Chong auf dem Viktualienmarkt. Die Aufschrift „Made in Dresden“ soll auf die die industrielle Massenproduktion als Phänomen unserer Zeit verweisen.
Die thailändische Botschaft in Berlin sah das ein wenig anders und beschwerte sich bei den Münchnern. Auch ein Dutzend Thailänder demonstrierte in Bangkok vor der deutschen Botschaft, Hauptvorwurf mangelnder Respekt. „Wir werden den Konflikt lösen durch Dialog und Vermittlung“, sagt Marc Gegenfurtner vom Kulturreferat, der zu diesem Thema eine öffentliche Diskussion vorbereitet. Prinzipiell aber sei das Kulturreferat für das „Aufstellen, nicht für das Abräumen“ von Kunst zuständig.
Dass nun der Buddha zum „Star“ unter den 17 Skulpturen avanciert, liegt an der – leicht vorhersehbaren – Provokation. Andere Kunstinstallationen haben es da schwerer. Alexander Laners „Schöner Wohnen”, der umgebaute Denkmalsockel am Wittelsbacherplatz, führte beispielsweise zehn Tage lang einen aussichtslosen Kampf gegen den drumherum tobenden Hamburger Fischmarkt.
Auch im Zentrum des Geschehens, im Gärtnerplatz-Rondell, errichtet Ragnar Kjartansson das Marmormonument „Träumerei“ mit der wenig poetischen Inschrift „Alles was er machen wollte, war zu onanieren und Pralinen zu essen“. Auf der Zornesskala der AZ-Leser rangiert er damit knapp hinter der Buddha-Figur von Han Chong. Vielleicht sehe diese Wertung ein wenig anders aus, wenn sich noch mehr Bürger auf die Suche nach der Kunst machten und am Isartorplatz Kirsten Pieroths „Berliner Pfütze“ – mit Hauptstadtregenwasser (und der bayerischen Zugabe des „Sommers“) entdeckten.
Spätestens zum Oktoberfest aber ist der Kunstspuk wieder entfernt. Und wenn dann der öffentliche Raum durch gekippte Figuren oder Pfützen bereichert wird, handelt es sich ganz sicher nicht um Kunst.