Farbrausch bei Ketterer Kunst in Riem
Passt eine Maskerade nicht wunderbar in unsere Zeit? Das Verstellen und das Verdecken mit möglichst viel Schminke? Ein Clown ist sowieso immer richtig, Max Beckmann wusste das lange, bevor die Zeiten schwierig wurden und ein nicht akzeptierter Künstler in den 1930er Jahren besser das Weite suchte. Als er 1947 in den Vereinigten Staaten wieder einmal eine neue Heimat finden sollte, bekannte er: "Ein lächerlicher alter Clown bin ich und nichts anderes". Freilich nur im Tagebuch.

Wie darf man also den Clown mit der roten Nase verstehen, den er 1950, im Todesjahr, malt? Als letzten Versuch, noch mal in der großen Manege die Damen zu bezirzen? Die Welt?
Fliegt der Clown gleich aus der Welt-Manege?
Man weiß zumindest, dass Beckmann an diesem lächelnden Narren ewig gefeilt hat. Und doch kommt der vermeintliche Spaßvogel nicht an. Die Krönchenträgerin erteilt ihm einen Verweis. Abtritt!
Mit diesem Werk ein Jubiläumsjahr zu beenden, ist bemerkenswert. Ketterer Kunst hat ein Jahr lang den 70. gefeiert. Und das mit Spitzenwerken wie Ernst Ludwig Kirchners "Tanz im Varieté" von 1911 - fast 7 Millionen Euro brachte das Bild ein. Oder Alexej Jawlenskys "Spanischer Tänzerin" von 1909, die eine gute Million mehr erzielte.

Beckmanns "Großer Clown mit Frauen und kleiner Clown" geht mit einem Schätzpreis zwischen 1,4 und 1,8 Millionen Euro ins Rennen. Das sollte lässig überflügelt werden. Zumal "Quappi mit grünem Sonnenschirm" erst letzte Woche bei Grisebach in Berlin die 4-Millionen-Hürde nahm.
Am Freitag und Samstag kommt noch mehr Erlesenes in die Auktion. Eine traumschöne "Marschlandschaft", die Emil Nolde 1926 gemalt hat. Oder eine gewisse "Vera" mit Perlenkette und auffälligen roten Bäckchen und Kusslippen aus dem Jahr 1919. Eigentlich war Ehefrau Ada damals das Modell seiner Wahl.
Im Bereich der Nachkriegszeit stechen Weiß-Spezialist Robert Ryman und Kenneth Noland mit der typischen "Chevrons"-Arbeit "Via Media (Suddenly)" ins Auge. Dazu Verlässliches von Gerhard Richter, Karin Kneffel, Tony Cragg und ein nacktes Pärchen von Stephan Balkenhol.

Interessant wird auch das Ergebnis von Max Slevogts Triptychon "Der verlorene Sohn" aus dem Jahr 1899. Das dreiteilige Gemälde wurde vor Kurzem den Erben des Sammlers Ernst Fuchs restituiert.
Wobei sich unser Favorit an Kinder richtet: Otto Dix, der ätzend in den Wunden der Gesellschaft pinselte, konnte auch ganz anders. Und damit sind nicht die gewöhnungsbedürftigen Landschaften und Blumen gemeint, mit denen er während der NS-Zeit ins Unpolitische wechseln musste.
Für seine Kinder malte Dix köstliche Bilderbücher
Schon in den 1920er-Jahren hat Dix ganz hinreißende Bilderbücher für seine Kinder gemalt. Auch für Hana und Martin, die Ehefrau Martha mit in die Ehe brachte. Allein das spricht schon sehr für diesen an sich raubauzigen Kerl. Doch Kinder knacken die bärbeißigsten Typen, und Dix war ein Familienmensch, zwischendurch konnte er auch ein rechter Womanizer sein.

Sechs großformatige gebundene Aquarellsammlungen für Kinder sind bekannt, fantasievoll, witzig. Eine davon - das "Bilderbuch für Hana" von etwa 1925 - ist vor ein paar Jahren wieder aufgetaucht. Es wurde in der Familie wie ein Schatz gehütet. Verständlich. Denn es beginnt gleich mit einem Füllhorn für das kleine Mädchen: Das schütten freche Putten aus, und dann folgt ein amüsantes Aquarell aufs nächste. Vom heiligen Antonius, der vor reichlich entnervten Fischen predigt, bis zum winzigen David, der auf dem riesigen Goliath mit dem Zahnstocherschwert fuhrwerkt. Bilder für Götter. Christa Sigg
Auktionen am Freitag ab 17 und Samstag ab 13 Uhr, Vorbesichtigung heute 10 - 20, Do 10 - 17, Fr 10 - 18 Uhr, www.kettererkunst.de
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