Ein seliges Geben – und Nehmen

 Also doch: Ingvild Goetz vermacht ihr Museum in Oberföhring und Teile ihrer international renommierten Sammlung dem Freistaat
von  Christa Sigg

Also doch: Ingvild Goetz vermacht ihr Museum in Oberföhring und Teile ihrer international renommierten Sammlung dem Freistaat

Man wäre ja gern Mäuschen gewesen, letztes Jahr im Oktober. Höchstpersönlich sei Horst Seehofer damals an der Oberföhringer Straße 103 erschienen, erzählt er im Tonfall des gestandenen, sagen wir, Pferdehändlers, um zu sehen, ob die Sammlung Goetz auch wirklich was taugt. Da war der Deal zwar noch nicht in staatsbeamtlich geprüften Tüchern, aber der bayerische Ministerpräsident natürlich längst von seinen Kulturstandortsberatern dahingehend gebrieft, dass man sich so einen millionenschweren Super-Fisch auf gar keinen Fall entgehen lässt.

Zumal der auch an anderen schönen Angeln in entfernteren Gewässern hätte baumeln können. Doch Ingvild Goetz, die seit über 40 Jahren in München lebt, hat sich nun mal für Bayern entschieden, sprich: 375 Objekte ihrer Medienkunstsammlung sowie das von den Stararchitekten Herzog & De Meuron geplante Museumsgebäude in Oberföhring gehen als Schenkung an den Freistaat. Über den Rest der Kollektion, die weltweit zu den besten Sammlungen für Gegenwartskunst zählt, soll ein Dauerleihvertrag geschlossen werden. Und hier ist die Rede von 4200 Gemälden, Plastiken, Fotografie und Grafik von Künstlern wie Cy Twombly oder Jannis Kounellis, Louise Bourgeois, Matthew Barney, Blinky Palermo, Daniel Buren, Anselm Kiefer, Cindy Sherman, Nan Goldin, Steve McQueen...

Der gute Riecher war entscheidend

Man könnte die Depot-Liste zwischen Arte Povera, amerikanischen Künstlern der 80er Jahre, Young British Artists und herausragenden deutschen Positionen ins Endlose weiterführen. Ingvild Goetz begründet diesen außergewöhnlichen Schatz mit ihrer „Liebe zur Kunst und der Leidenschaft fürs Sammeln“. Unterschlägt  allerdings mit hanseatischem Understatement etwas Entscheidendes: ihren guten Riecher. Denn meistens hat die Ex-Galeristin bei – noch – unbekannten Leuten gekauft, direkt im Atelier, und sei es in der dunkelsten Ecke der New Yorker Bronx.

Von den Leihgaben profitieren nun bei Bedarf vor allem das Haus der Kunst, mit dem es bereits eine Kooperation im Bereich Medienkunst gibt, die Pinakothek der Moderne und – damit nicht alles in der Landeshauptstadt versackt – das Neue Museum in Nürnberg. Dort ist zur Zeit eine überraschende Schau mit Exponaten der Minimal Art zu sehen. Überraschend deshalb, weil diese Seite der Sammlung Goetz bislang eher im Verborgenen lag. Kunstgänger dürfen also mit feinen Entdeckungen rechnen. Zumal auf diese Weise auch Löcher gestopft werden, die durch die mickrigen Ankaufsetats der staatlichen Häuser schon vor Jahren ziemlich groß geworden sind.

Goetz wird das Museum weiter leiten

Doch völlig umsonst ist nichts im Leben, und so hat auch dieses Geschenk seinen eher langfristigen Preis. Der Freistaat verpflichtet sich im Gegenzug, die Sammlung zu hegen und zu pflegen – die konservatorische Seite der Medienkunst ist eine fragile, problematische – und den Betrieb des Museums samt Personal und laufenden Ausstellungen zu finanzieren. Mit der Aussicht, sich irgendwann die komplette Sammlung einverleiben zu dürfen. Und die Chancen stehen gar nicht schlecht, Goetz’ Töchter gehen „eigene berufliche Wege“, leben im Ausland.

Ihre kunstverrückte Mama wird dennoch weiter sammeln, „ihr“ Haus ehrenamtlich leiten, Ausstellungen kuratieren. Und einem völlig euphorischen Kunstminister Wolfgang Heubisch – oder wem auch immer – irgendwann eine Location für Video-Installationen im Kunstareal abschwatzen.

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