Ein Händchen für Schwergewichte
Irre Jahre waren das. Man kann sich das heute kaum noch vorstellen, in Zeiten, da abgefahrene Performances allenfalls mit einem Schulterzucken quittiert werden. Doch während eitle Kunstveteranen in solchen Momenten der Rückbesinnung die alten Mythen beschwören und einen Superstar nach dem anderen ins Gespräch tröpfeln lassen, bleibt Six Friedrich ganz gelassen. „Wir haben halt drauf los gearbeitet“, schildert sie ihre Galeristen-Anfänge.
Dabei saßen die Ikonen bei ihr und Heiner Friedrich auf der Küchenbank. Also Donald Judd, Gerhard Richter, Cy Twombly oder Dan Flavin, dem nur die teuersten Restaurants gut genug waren. Mal davon abgesehen, dass der Leuchten-Magier jede Ausstellung mindestens zehnmal ändern ließ. „Manche Künstler waren schon sehr verrückt“, kommentiert das Six Friedrich knapp mit einem dezent echauffierten Blitzen in den Augen, „aber man macht das eben ganz oder gar nicht“. Als Ex-Mann Heiner mit ihr und Franz Dahlem 1963 an der Maximilianstraße 15 die erste Galerie eröffnet hat, war sofort klar, dass das nicht nebenbei geht.
Die Friedrichs füllten eine riesige (Kunst)Lücke
Und im gediegenen München gab’s gut zu tun, zeitgenössische Kunst war was fürs Rheinland oder gleich New York. Heiner Friedrich füllte jedenfalls eine – noch – geschmähte Lücke. Walter de Marias legendären „Earth Room“ wollen inzwischen alle gesehen und bereits 1968 sensationell gefunden haben. Friedrich überließ dem amerikanischen Land Art-Heroen seine Räume, um sie mit Erde aufzuschütten. „Aber das kann man alles nachlesen“, meint Six, die eigentlich auf den Namen Sigrid getauft wurde. Auch die Trennung von ihrem Mann, der nach Amerika ging, die Zusammenarbeit mit Kollegin Sabine Knust und schließlich die Gründung der eigenen Galerie 1980.
Max Weber, ihr Sohn und mittlerweile Galerie-Partner, hat nichts dagegen, wenn die Mutter von früher erzählt. „Ich hätte das ja gerne alles selber erlebt“, sagt er. Dafür war der 37-Jährige immer schon von Kunst umgeben. Und von Künstlern, die ihn – noch ganz klein – auch mal einen Tupfen auf die Leinwand setzen ließen. Nach dem Abitur hat Max dann doch erst das Weite gesucht. „Galerie, o.k., aber ich wollte mich nicht einfach ins gemachte Nest setzen“, erklärt er, und landete beim Film. Vom Kabelträger bis zum Kameraassistenten hat er so ziemlich alles gemacht, die ersten eigenen Projekte waren in der Mache, doch dann kam die Pleite des Kirch-Konzerns.
Die Mutter sei dann sehr geschickt gewesen und hätte nach Unterstützung auf einer Messe gefragt, erzählt Max, „nur Hängen und so“. Er kam dann allerdings schnell auf den Geschmack und war überrascht, dass ihn viele kannten. „Als kleinen Buben, klar. Aber ich fand’s rührend“, gesteht er, und vermutlich gab dieser persönliche Umgang auf der Messe den letzten Kick. Nun ist der Junior zehn Jahre dabei, bis 2010 an der Steinheilstraße hinter der TU, und seit vier Jahren an der Prinzregentenstraße 79.
Er trinkt Kaffee, sie Tee - ansonsten ist man sich völlig einig
An der Tür im dritten Stock steht „MaxWeberSixFriedrich“, die Patronin ließ ihrem Nachfolger den Vortritt. Und man spürt, dass sie froh ist um den Austausch im familiären Duo. Von Max’ Vater, dem Architekten und Designer Gert M. Weber, haben die beiden die Galerieräume übernommen. Vorübergehend. Doch Kunden wie Künstler genießen die private, gleichwohl großzügige Atmosphäre - inklusive des funktional-eleganten Weber-Mobiliars. Und wer weiß, welche Räumlichkeiten sich bald im Kunstareal auftun.
Eine klare Arbeitsteilung gibt es nicht. Naturgemäß übernimmt Six eher die älteren Künstler wie Andreas Schulze oder Peter Zimmermann, Imi Knoebel oder Siegfried Anzinger. Und entwickelt mit großer Lust neue Ideen. Max kümmert sich um die Jüngeren wie Frank Balve, Rainer Splitt oder Markus Huemer, dessen neue Arbeiten aktuell (bis 2. Mai) gezeigt werden. Und weil die Mutter am Computer (noch) fremdelt, organisiert der Sohn die Außenkontakte samt Auffrischungen auf Facebook. Wichtiger aber ist ihr, dass Max ausgesprochen gerne auf Messen geht, von der Art Cologne bis zur Arco Madrid – für Six Friedrich, die so viele Messen gemacht hat, eine „willkommene Ablösung“.
Die Auswahl der Künstler? Da kann sich die eine auf den Geschmack des anderen verlassen. Und umgekehrt. Man sei zu 90 Prozent einer Meinung. „Nein“, korrigiert Max Weber, um auf „95 Prozent“ zu erhöhen. Ungewöhnlich, aber in diesem Metier auch eine Voraussetzung für den Erfolg. Beruhigend ist dann aber, dass Max fabelhaften Kaffee braut und Six Friedrich trotzdem stoisch bei ihrem Tee bleibt.
Galerie Max Weber Six Friedrich, Prinzregentenstr. 79, Mo-Fr 11-18 Uhr, Tel. 74 28 26 11