Ein Blick in die Archäologische Staatssammlung
Das schaut aus wie bei ,Indiana Jones', wo die Kiste mit der Bundeslade am Schluss in einem riesigen Kistenlager der amerikanischen Regierung versinkt", sagt Rupert Gebhard. Origineller kann man eine beinharte Umzugssituation nicht beschreiben. Der Direktor der Archäologischen Staatssammlung deutet damit an, dass es bis zur Wiedereröffnung am 17. April noch unendlich viel zu tun gibt.
"Wenn alles ausgepackt ist und die Kisten wieder im Depot verschwunden sind, wirkt das wie eine Landebahn in den ,Startrek'-Filmen", verspricht Gebhard weiter. Es dürfte also spacig werden. Zumindest im unterirdischen Sonderausstellungsraum, der mit seinen 600 Quadratmetern Fläche als einziger Neubau zum generalsanierten Museum gekommen ist.

Geschichten nah am Leben - mit Comics und der Kuh Heidi
Die Zeichen an der Lerchenfeldstraße 2 stehen auf Zukunft - und eine zeitgemäße Vermittlung. Deshalb werden Geschichten erzählt, die nah dran sind am normalen Leben und über die man zwischendurch auch spazieren kann. Im Untergeschoss erfährt man in einer knappen Stunde alles über die Archäologie und die Staatssammlung, und das entlang der großen Themen der Menschheitsgeschichte: vom Nachdenken über die eigene Existenz und das Einordnen in den Kosmos übers Siedeln, Handwerken und Handeln bis zum Tod.
Ohne den geht in der Archäologie sowieso nichts. Dass die Informationen in der Erde und gerade in Gräbern liegen, wird durch Bodenvitrinen anschaulich gemacht. Man geht quasi über Waffen und Münzen, Knochen und Tierschädel wie die Schlachtabfälle einer Metzgerei nahe Augsburg aus dem ersten Jahrhundert nach Christus. Sogar seriell hergestelltes Sargzubehör aus der Neuzeit ist vertreten und natürlich römische Keramik, das heißt, die Scherben einer Terra-Sigillata-Manufaktur bei Rosenheim. Aus diesem Fundus besaß auch Geheimrat Goethe eine Sammlung, die er gezeichnet hat.

Ein angekokeltes Café-Service
Genauso ist ein Brunnen aus den Tiefen des Marienhofs rekonstruiert, durch die verräterischen Jahresringe der Holzbalken konnte er auf die Zeit nach 1261 datiert werden. Und weil das Konstrukt irgendwann nur mehr als Abfallgrube diente, ist die Sache erst so richtig spannend geworden.
Auf dem Grund fand man die Überreste einer Kuh, von den Computertomografen in Großhadern eben mal als "Heidi" bezeichnet. Aber auch da ließe sich schon wieder eine Geschichte ankurbeln, - hier besorgt sie etwa ein Comic aus der Feder des Zeichners Frank Schmolke - genauso wie vom angekokelten Service aus dem Münchner Café Deistler. Das ist in den späten Abendstunden des 7. Januars 1945 im Bombenhagel zerstört worden. Auch solches ist längst Gegenstand der Archäologie, und wenig überraschend: Je näher einem die Sache zeitlich rückt, desto berührender wird sie oftmals.

Man hätte das Museum mehr vermissen müssen
Tatsächlich müssen sich Gebhard und seine Leute gut überlegen, was sie zeigen. Mit 20 bis 25 Millionen Objekten ist die Staatssammlung das bayerische Museum mit dem größten Bestand. Man merkt beim ersten Durchgang mit Kunstminister Markus Blume, dass man das Haus hätte viel mehr vermissen müssen. Seit 2016 ist es geschlossen, obwohl die Sanierung bereits 2009 den Landtag passierte. Dafür sind die 66 Millionen Euro, auf die das von Nieto Sobejano Arquitectos umgesetzte Projekt kommt, noch nicht einmal exorbitant.
Zumal die Aufenthaltsqualität nicht zuletzt durch ein Café mit Dachterrasse deutlich steigen dürfte. Überhaupt begreifen die Archäologen ihr Haus lange nicht nur als Museum, sondern auch als kulturelle Begegnungsstätte mitten im Lehel für ganz München.
Minister Blume gab sich schwer begeistert - "das wird richtig gut!" - und spendabel: Für die erste Woche sagte er freien Eintritt zu. Was blieb ihm anderes übrig?
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