Edmund Stoibers Verklärung

Wenn der Bauwurm die Politik ergreift: Der ehemalige Finanzminister Kurt Falthauser schildert in seinem Buch „Bauen für die Kunst“ die Entstehung von neun Museen in Bayern
von  Robert Braunmüller

Welcher Herrscher Bayerns nach Ludwig I. hat die meisten Kulturbauten errichten lassen? FJS? Alfons „der Prächtige“ Goppel? Nein – es war Edmund Stoiber, der in der Oper einschlief und stets bestritt, ein Kunstkenner zu sein.

Setzt da langsam eine gewisse Verklärung der Vergangenheit ein? Vielleicht. Doch Edmunds Stoibers einstiger Finanzminister Kurt Faltlhauser rechnet auf fast 500 Seiten vor, welche Verdienste der Aktenfresser um neun Kulturbauten erworben hat, darunter die Pinakothek der Moderne, das Museum Brandhorst und das Museum Schäfer in Schweinfurt.

Natürlich fällt da auch milder Glanz auf den Kassenwart, der trotz des Sparkurses die Bauten mit Hilfe von Privatisierungserlösen ermöglichte. Deshalb ärgert ihn heute das weit verbreitete Wort von der „Verschleuderung des Tafelsilbers“.

Der Bauwurm zwickte auch Faltlhauser: Er hat sich auf der werktäglichen Fahrt von Obermenzing ins Finanzministerium lange über die Beton-Würfel an der Gabelsbergerstraße geärgert, bis dort die Hochschule für Fernsehen und Film samt Ägyptischem Museum entstand.

Als einstiger Mitwirkender hatte er den Vorteil, Unterlagen einsehen zu dürfen, die der Archiv–Sperrfrist von 30 Jahren unterliegen. Drei Jahre lang hat er Akten kopiert – wobei er von furchtsamen Beamten schon einmal für einen Ermittler des Rechnungshofs gehalten wurde –, die damaligen Entscheidungen rekonstruiert und mit vielen Beteiligten gesprochen.

Den Architekten Stephan Braunfels konfrontiert er mit der Eingangsfrage „Sie gelten als Streithansl!“, was dieser natürlich bestreitet: „Ich streite überhaupt nicht gerne. Allerdings spreche ich die Dinge so aus, wie sie sind.“ Und an dem legendären Eklat bei dem Richtfest für die Pinakothek der Moderne sei vor allem die defekte Lautsprecheranlage schuld gewesen.

Aus Faltlhausers Buch erfährt man eine Menge darüber, wie wichtig es in Bayern ist, bei Projekten in der Hauptstadt Rücksicht auf die Empfindlichkeiten in der Provinz zu nehmen. Und dass es trotz allen Unkenrufen auch die Demokratie schafft, kulturelle Großprojekte zu verwirklichen. Beim Konzertsaal, den Faltlhauser unterstützt und der im Buch nicht erscheint, kommen einem ja manchmal Zweifel.

Kurt Faltlhauser: „Bauen für die Kunst“, Pustet, 488 S., 32 Euro

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