"Die Vorübergehenden fangen"

Schon bemerkt? Draußen am Münchner Flughafen gibt es eine Galerie für zeitgenössische Kunst - mit offenen Türen
Christa Sigg |
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Der Kurator Elmar Zorn und der Fotograf Max Ott in der Ausstellung am Flughafen.
Max Ott/Galerie Der Kurator Elmar Zorn und der Fotograf Max Ott in der Ausstellung am Flughafen.

Schon bemerkt? Draußen am Münchner Flughafen gibt es eine Galerie für zeitgenössische Kunst - mit offenen Türen

Flughäfen sind kuriose Plätze. Entweder man hetzt oder man steht genervt in irgendeiner Warteschlange. Dann wird noch ein bissl was konsumiert, und das war's auch schon. Seit ein paar Monaten gibt es am Münchner Terminal 2 eine Galerie mit offenen Türen, aber man sieht auch von außen gut auf die Bilder. Aktuell sind Fotografien von Max Ott ausgestellt. Natürlich fragt man sich, ob Kunst an so einem Verkehrsknotenpunkt überhaupt eine Chance hat. Ein AZ-Gespräch mit dem Kurator Elmar Zorn.

AZ: Herr Zorn, wer steht hinter der neuen Flughafen-Galerie?
ELMAR ZORN: Eine Kooperation von Münchner Veranstaltern: die Online-Plattform "Curator's Choice" mit der Pasinger Fabrik und die Terminal 2-Gesellschaft des Flughafens.

Wie kam es zu diesem ungewöhnlichen Ausstellungsort?
Über eine Ausstellung - allerdings in der Pasinger Fabrik. Ich hatte dort die Reihe "Wien ist anders" kuratiert und dabei auch Arbeiten der Malerin Joanna Gleich gezeigt. Der Architekt Moritz Koppe, der für den Flughafen tätig ist, war sehr angetan und schlug sie gleich für die Galeriefläche in der Abflughalle der Lufthansa vor.

Was kann eine Galerie in diesem quirligen Bereich bewirken?
Mit den Bildern wird den vielen Passanten im Vorübergehen eine ganz andere Wahrnehmung als die übliche geboten, nämlich gute Kunst zu sehen. Das ist auch eine außergewöhnliche Chance für die Künstler und ganz allgemein für die Kunst.

Haben Sie damit einfach eine weitere Ausstellungsmöglichkeit, oder soll hier auch Kunst verkauft werden?
Die Räume bieten in der Tat eine zusätzliche Plattform für die Präsentation von Kunst an prominentem Ort, aber das ist keine Verkaufsgalerie.

Planen Sie auf längere Sicht?
Die Galerie ist als temporäre Gelegenheit ausgewiesen - bis zu einer möglichen Nachmietung. Allerdings präsentieren wir unser Ausstellungsprogramm schon seit August 2016, den Anfang hat tatsächlich Joanna Gleich gemacht. Und wir können uns durchaus vorstellen, dass die Galeriefläche weiterhin belegbar ist. Zumindest mittelfristig.

Zahlen Sie Miete?
Nein. Der Flughafen stellt nur die Bedingung, dass ein Werk der jeweiligen Ausstellung im Hause verbleibt und von der Geschäftsführung ausgesucht wird. Die Kunstsammlung des Flughafens soll ausgebaut werden.

Die Galerie scheint ohne Aufsichtspersonal auszukommen.
Das ist richtig. Für die Sicherheit der Werke ist schon dadurch gesorgt, dass häufig Polizisten patrouillieren. Wer sich für den Künstler interessiert, findet Karten und Folder und kann so Kontakt aufnehmen oder mich als koordinierenden Kurator anrufen. Wir wollen das ganz unkompliziert halten.

Und nehmen die Besucher Kontakt auf?
O ja. Sämtliche Künstler, die bislang ausgestellt haben, wurden kontaktiert. Auch Thomas Linsmayer von der Pasinger Fabrik, mein Kooperationspartner bei diesem Projekt, erhielt viele Anrufe. Ebenso klingelte mein Handy oft wegen Joanna Gleich, Anke Schaffelhuber, Ilana Lewitan und jetzt Max Ott.

Mit Folgen?
Allerdings!

Vor der Sicherheitskontrolle sind die Leute unter Zeitdruck und haben keine Muße, sich mit Kunst auseinanderzusetzen. Würden Sie lieber im Bereich vor den Gates ausstellen, wo die Menschen in diesem Fall "kunstvoll" warten könnten?
Auf keinen Fall! Niemand soll zwangsbeglückt werden. Kunst ist keine Werbung. Denken Sie nur an die klassische Musik in U-Bahn-Stationen. Eine Vernichtung! Den Blick der Vorübereilenden zu fangen oder sie sogar zu einem schnellen Abstecher in den Raum zu verführen - dafür haben wir das Programm ja erfunden.

Sie haben Max Ott erwähnt, dessen Fotografien in München, Florida und New York entstanden sind. Das passt ja zum Reisen. Haben Sie Ihn deshalb ausgewählt?
Genau aus diesem Grund. Ott selbst ist in München, seine Fotoarbeiten stellen geografische und künstlerische Verknüpfungen her, man könnte auch sagen Luftbrücken zu seinen Künstlerfreunden - zu Marcus Jansen in Florida, Paul Ching-Bor in New York.

Was kommt als Nächstes?
Zwei Ausstellungen: Die erste ab 4. Mai gilt der wunderbaren Malerin Ruth Kohler, die zwischen Münsing und Chicago pendelt. Das ist eine demonstrative Wiederholung ihrer Ausstellung in Alinde Rothenfußers leider auch nur temporärem Fantasieland "Orplid im Isarland". Die andere zeigt ab 22. Juni Werke der überaus spannenden irakischen Malerin Imam Mahmud, die seit 2000 in München lebt. Und mein Kompliment! Sie wurde diesmal von den Verantwortlichen am Flughafen vorgeschlagen.

Flughafen München, Terminal 2,, Ebene 4, unter Terrasse der Restaurants Ebene 5, Max Ott bis 2. Mai, Ruth Kohler vom 4. Mai bis 19. Juni, Werke von Imam Mahmud vom 22. Juni bis 30. Juli

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