Die Galerie Tanit in der Maximilianstraße

Am Anfang war die Kochkunst. Dann servierte Michelangelo Pistoletto seine „Venus in Lumpen“... Aus einem Deutsch-Kurs in Berlin entwickelte sich die Galerie Tanit – im Fokus steht Kunst aus dem arabischen Raum
Roberta De Righi |
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Am Anfang war die Kochkunst. Dann servierte Michelangelo Pistoletto seine „Venus in Lumpen“... Aus einem Deutsch-Kurs in Berlin entwickelte sich die Galerie Tanit – im Fokus steht Kunst aus dem arabischen Raum

Am Anfang der Galerie Tanit standen Arte Povera und Minimal Art, Künstler wie Mimmo Paladino, Giulio Paolini, John McCracken und Donald Judd – dazwischen blitzte bald der Humor des Schweizers Urs Lüthi auf. Keimzelle der Galerie war einst ein Deutsch-Kurs in Berlin, den Gründerin Naila Kettaneh Kunigk besuchte. Aus den kunst-affinen Kommilitonen wurde eine Clique, Michelangelo Pistoletto hat anfangs nur seine Kochkunst eingebracht – später auch seine Kunst, etwa die „Venus in Lumpen“.

Daraus entwickelte sich 1972 die Münchner Galerie, deren Name sich auf das alte libanesisch-arabische Zeichen für „Ausgleich, Gerechtigkeit“ bezieht – schließlich kommt Kettaneh Kunigk aus dem Libanon. Kein Wunder, dass die Kunst aus dem arabischen Kulturraum eine immer größere Rolle spielte. Nicht zuletzt, seit Kunigk 2007 ihre Dépendance in Beirut eröffnete, findet man hier Künstler aus dem Nahen Osten, wie den Maler Mojé Assefjah oder den Fotografen Fouad ElKoury. Inzwischen ist Kunigk ganz in ihre alte Heimat zurückgekehrt, schaut nur alle paar Monate in München nach dem Rechten. Derweil kümmern sich Walther Mollier, Michael Ionesco und Stefanie Staby gemeinsam um das Programm – Mollier ist seit Beginn, Ionesco seit 1987 dabei.

Anfangs logierte man in der Sternstraße, später im Gartenhäuschen hinter dem alten Schumann’s, seit 1997 ist die Galerie in hellen Altbau-Räumen im Erdgeschoss der Maximilianstraße 45. Die einstige Kunstmeile haben die Macher bei Tanit aufsteigen – und zwischen Prada, Gucci und Vuitton nobel untergehen sehen. Statt den zu Hochzeiten 22 Galerien gibt es auf Münchens Luxus-Boulevard gerade noch acht.

Kunst aus Palästina

Aber auch die Wertsteigerung einer Minimal-Größe wie Don Judd konnte man bei Tanit aus der Nähe beobachten: Die Exemplare der „Stacks“ erweckten erstaunlich spät das Interesse der Staatsgemäldesammlungen, als sich der Preis längst in für staatliche Museen unerreichbare Höhen geschwungen hatte.

Das Programm wurde über die Jahre immer breiter gefächert und hat sich in den letzten Jahren deutlich verjüngt. Stefanie Staby, die schon früher mitarbeitete, ist seit September wieder im Team und will vermehrt Künstler mit München-Bezug in die Galerie holen. Demnächst stellt die – nach Berlin abgewanderte – Stefanie Senge aus.

Dass der arabische Kunstmarkt boomt, merkt man bei Tanit indes nur indirekt, reiche Sammler beziehen ihre Blue-Chip-Kunst ohnehin von den Global Players unter den Kunsthändlern. In München wiederum sei Interesse an der Kunst aus dem Nahen Osten, so Mollier, durchaus vorhanden, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt wie in den Einwanderer-Metropolen Paris oder London. Als man allerdings im Rahmen von „Die Kunst des Islam“ im Haus der Kunst 2010 eine Reise in den Libanon organisierte, mussten die Plätze unter den vielen Interessenten verlost werden.

Derzeit sind bei Tanit Wandreliefs des jungen palästinensischen Künstlers Abdel Rahman Katanani (geboren 1983) zu sehen, der in Paris lebt. Aus Wellblech schnitt er Silhouetten von spielenden Kindern aus, ihre Welt besteht aus Stacheldraht: die Wiese, auf die ein Mädchen zuläuft oder die Schnur eines Drachens, den ein Junge hinter sich herzieht. Was auf den ersten Blick filigran-poetisch aussieht, lässt einen beim näheren Hinsehen erstarren. Die Kunst bei Tanit ist durchaus politisch – aber niemals eindimensional.

Galerie Tanit, Maximilianstraße 45, www.galerietanit.com. Die Ausstellung von Abdel Rahman Katanani läuft bis 8. März – Dienstag bis Freitag von 11 bis 18.30 Uhr, Samstag bis 14 Uhr

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