"Der König ist tot. Es lebe die Königin!": Ausstellung im Frieder-Burda-Museum

Superman steckt den Kopf in die Wand, bzw. ist mit dem Kopf in die Wand gekracht. Das männliche Ego – gecrasht. Patricia Waller hat den Comic-Fliegerhelden 2011 als Häkelpuppe nachgebildet.
Jetzt steckt er im Baden-Badener Frieder-Burda-Museum fest, als Teil und Sinnbild der weiträumig beworbenen Ausstellung mit dem programmatischen Titel "Der König ist tot. Es lebe die Königin!".
Ursprünglich ein avantgardistisches Projekt von Peggy Guggenheim
Baden-Baden, das nach dem Abzug der reichen Russen unbedingt neue Gästinnen braucht, täte eine Verjüngungskur gut. Da kommt die Königinnen-Sause zur rechten Zeit. Kurator Udo Kittelmann, u.a. bis 2020 Direktor der Berliner Nationalgalerie, greift mit seiner Schau von 31 zeitgenössischen Künstlerinnen ein damals avantgardistisches Projekt von Peggy Guggenheim auf.
1943, vor 80 Jahren, zeigte sie – beraten von Marcel Duchamp – in ihrer New Yorker Galerie Werke von damals noch unter dem Radar fliegenden 31 Frauen, darunter Leonora Carrington, Frida Kahlo, Meret Oppenheim.
Ausstellung im Frieder-Burda-Museum: ein genreüberspannendes Ensemble an Künstlerinnen
Kittelmann stellt nun ein generations- und genreüberspannendes Ensemble an Künstlerinnen 2023 zusammen: Grandinnen wie Elaine Sturtevant und Adrian Piper, Karin Sander und Rosemarie Trockel, aber auch viele Jüngere wie Anne Imhof (deutscher Biennale-Pavillon 2017), Kerstin Brätsch, Annette Kelm oder die an der Münchner Akademie lehrende Alexandra Bircken.
Bei Conny Mayer hängen blaue Pfropfen wie Melkmaschinen an den vielen Brüsten einer einzigen Frau. Das akkurat gepflegte Wohnzimmer bei Almut Heise ist das Werk einer vereinsamten Kümmerin. Und Julia Schers kampfbereit wirkende "Girl Dog" aus Marmor macht als bessere Wachhündin dennoch artig "Sitz". Schon klar, wir sind die Gebärerinnen und Ammen einer Welt, die Macho-Monster erst möglich macht und dann sogar kopiert.

Der Kurator spinnt seinen roten Faden nicht aus Stereotypen, sondern bringt Frauen zusammen, deren Fragen Brüche und Schnitte miteinbeziehen. So wie Marianna Simnett, die sich im Video einer Behandlung unterzieht, die sonst nur Männer machen: Für eine dunklere Stimme lässt sie sich Botox in den Kehlkopf injizieren.
Und in Trockels Film "Die Gleichgültige" von 1994, das wiederum Dokumentaraufnahmen Jean Painlevés aus dem Jahr 1933 zeigt, bringt ein männliches Seepferdchen seine Babys zur Welt.
Ausstellung in Baden-Baden: Unterdrückung wird in verschiedenen Mustern gezeigt
Auch die Mechanismen der Unterdrückung sind nicht immer geschlechtsspezifisch: Die aus Afghanistan stammende Sara Nabil kommentiert in ihrer Fotoserie "Power" (seit 2014) sarkastisch Repression durch Kleidung und verhüllt sich mit allem, was der Schrank für Männer so hergibt.
Die in Libyen geborene Hiba Al-Ansari wiederum, die unter anderem an der Münchner Akademie studierte, übermalte Porzellan so, dass das Dekor durch schwarze Farbe wie ausgelöscht ist. Das Service, von den Müttern an die Töchter vererbt, steht für die Tradition starrer Normen.
Subtil und prägnant ist auch die Licht/Sound-Installation der Italienerin Rosa Barba von 2007: Mit zwei Projektoren, die einander gegenseitig beleuchten, und sich zum Kauderwelsch überlagernden Tonspuren persifliert sie die "Western Round Table" elf tonangebender männlicher Künstler wie Frank Lloyd Wright und Duchamp, die sich 1949 in der Mojave-Wüste zum Ideenaustausch trafen.
"Der König ist tot. Es lebe die Königin": Man merkt, dass ein Königinnenmacher dahintersteckt
Doch so sehr einzelne Beiträge beeindrucken, Udo Kittelmanns Selection zündet in der Zusammenschau nicht ganz so wie Asta Grötings Elektro-Installation "Ein Funken Leidenschaft", die alle paar Sekunden blitzt und knallt.
Man merkt "Der König ist tot. Es lebe die Königin!" an, dass ein Königinnenmacher dahintersteckt, der hier auch sein Image-Bärtchen als Frauenversteher zwirbelt. Und Anne Imhof sorgt in ihrer Sound-Installation dafür, dass Heath Leadger als Joker in "Batman" sich darüber illusionslos totlacht.
Bis 8. Oktober, Frieder-Burda-Museum, Di - So 10 bis 18 Uhr