"Der Foster-Bau ist eine Katastrophe"

Stephan Braunfels über streitbare Architektur und „seine” Pinakothek der Moderne
Christa Sigg |
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In seiner Heimatstadt München fühlt sich Stephan Braunfels, der Architekt der Pinakothek der Moderne, häufig verkannt. Mit der AZ sprach er über Risse, goldene Kisten und ein Schmankerl auf Mauritius.

AZ: Herr Braunfels, die PdM feiert zehnjähriges Bestehen, für Sie auch eine lange Streitgeschichte.
STEPHAN BRAUNFELS: Im Interview, das Sie letzte Woche mit Herrn Nerdinger geführt haben, macht er abfällige Bemerkungen über die Pinakothek der Moderne, das will ich nicht unwidersprochen stehen lassen. Sie gilt weltweit als eines der besten Museen überhaupt. Er beklagt sich, dass die Hochschule für Fernsehen und Film gegenüber der Alten Pinakothek zu sehr auftrumpft und sich nicht einfügt – diese Meinung teile ich. Andererseits beschwert er sich, dass sich die Pinakothek der Moderne im Äußeren zurück nimmt. Das habe ich doch bewusst gemacht. Obwohl sie dreimal so groß ist wie die Alte Pinakothek über lässt ihr die Pinakothek der Moderne die Rolle der Königin. Außerdem ist das Museum von innen einfach perfekt. Ich werde inzwischen wegen der Pinakothek in der ganzen Welt eingeladen, ich baue mein erstes großes Museum in China, ich plane ein großes Museum in Italien, ich habe Riesenprojekte in Mexiko, in Amerika.

Was wäre denn in München zu verbessern?
Was jetzt fehlt, ist einfach die Vollendung dieses Konzepts. Der erste Bauabschnitt der Pinakothek steht ja immer noch mitten im Bauschotter. Die ganze Umgebung ist nie richtig geplant worden, weil man immer gesagt hat, wir warten den zweiten Bauabschnitt ab. Es gibt keinen Museumsplatz, keinen Museumshof, das ist ja ein Kartoffelacker. Und dass das zehnjährige Jubiläum wegen der Risse in der Rotunde nicht gefeiert wurde, fand ich unwürdig und enttäuschend.

Hätten Sie denn mitgefeiert?
Ich habe mir diesen Termin schon vor Jahren vorgemerkt, weil ich natürlich dachte, da wird es ein großes Fest geben. Dann habe ich die merkwürdige Äußerung von Herrn Schrenk in der „Welt” gelesen, dass es ja wohl nicht angemessen sei, dieses Jubiläum aufgrund der Risse zu feiern. Ich bin trotzdem hingefahren, um mein Lieblingskind zu grüßen. Die haben jetzt die Außenschale verkleidet, das Gebäude sieht trotzdem wunderbar aus, man hätte da prima feiern können. Total kleinkariert ist das und würdelos.

Dass ein Bau nach nur zehn Jahren für ein paar Monate geschlossen werden muss, ist doch völlig unverständlich.
Keiner hat je behauptet, dass ich was damit zu tun habe. Trotzdem fällt in allen Artikeln immer nur mein Name, ich werde überall drauf spöttisch angesprochen. Man hätte ja auch mal den Grund nennen können, nämlich dass das Budget einfach zu niedrig war. Und dass die Baufirma die falschen Ziegel geliefert hat. Aber die wird nie genannt.

Wie müsste die Pinakothek denn jetzt sinnvoll renoviert werden? Sie haben gesagt, ein paar gequollene Ziegel auszutauschen, das kann’s nicht sein.
Es gibt seit sechs Jahren einen viel größeren Schaden, der dringend behoben werden sollte: Die Verschattungsanlage klemmt, die ist zu billig gebaut worden – wie vieles in der Pinakothek. Seit sechs Jahren sehen Sie die Oberlichtsäle der Pinakothek in Kunstlicht! Das war das beste Tageslicht der Welt, für mich das wichtigste am ganzen Museum. Und dann tauchen ein paar Jahre später ein paar Risse auf und das Geschrei ist groß. Selbst die „Abendzeitung” schreibt: Bauruine nach zehn Jahren.

Nochmal, das ist ja auch für den Bürger nicht nachvollziehbar.
Aber es ist nicht meine Schuld. Und wenn jetzt 750000 Euro für die Sanierung ausgegeben werden, dann ist das relativ läppisch, wenn ich gleichzeitig höre, dass die Neue Pinakothek, die gerade mal 30 Jahre alt ist, für 70 Millionen renoviert werden muss.

Wie zufrieden sind Sie denn sonst mit Ihren Nachbarn?
Begeistert bin ich von der HFF nicht. Und das Museum Brandhorst hat den kapitalen Fehler, dass der Haupteingang auf der falschen Seite ist. Brandhorst wollte sich ja bewusst absetzen vom Ensemble. Der Eingang hätte natürlich beim Türkentor sein müssen, auch das Café. Das ist ja ein Witz, dass die schönste Seite, der Blick auf die Alten Pinakothek, jetzt durch die Lieferanfahrt besetzt ist.

Und der Foster-Bau am Lenbachhaus?
Eine Katastrophe! Das ist ja wohl das hässlichste Gebäude Münchens. Diese banale, billige Goldbronzekiste da! Wie konnte so was passieren!? Man hat das Gefühl, Foster hat sich keine Sekunde mit diesem Projekt beschäftigt. Da muss man wieder sagen, das ist der Fluch dieser europäischen Vergabeverfahren. Es gab keinen Wettbewerb für dieses Projekt. Foster hat es im Vergabeverfahren bekommen: nicht aufgrund des besten Entwurfs, sondern aufgrund seines erfolgreichsten Werkes.

Sie haben derzeit auch ein ungewöhnliches Projekt: Die Renovierung des Opernhauses auf Mauritius.
Das ist eine Sondersituation, die haben das älteste Opernhaus südlich des Äquators, es wurde 1822 eröffnet. Joan Sutherland sang dort, Caruso, viele der ganz Großen. Das Haus ist seit Jahrzehnten im Verfall und seit zehn Jahren gar nicht mehr im Betrieb. Die Oper mit ihren 500 Plätzen ist aber ein Juwel, deshalb hat sich die Regierung entschlossen, das zu renovieren. Für mich ist das ein Schmankerl. Es ist natürlich auch ganz schön, ab und zu nach Mauritius fahren zu müssen. 

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