Das Höchstmaß an Kunstunverstand bleibt uns gottlob erspart
Nur keine Panik! Das Kunstministerium geht unter dem Superminister Ludwig Spaenle wieder einmal im Kultusministerium auf
Bayern ist ein Kulturstaat, heißt es in Artikel 3 unserer Verfassung – und nun das! Kultusminister Ludwig Spaenle ist ab sofort auch für die Wissenschaft zuständig und darf ein Drittel der Staatsausgaben im Freistaat verwalten. Das eigenständige Kunst- und Wissenschaftsministerium verschwindet.
Unseren Blutdruck steigert das nicht – aufgrund von Altersgelassenheit. Wir erinnern uns noch (schwach) an die Zeit, als unter Hans Maier die Ministerien vereint waren. Erst Franz Josef Strauß trennte 1986 die Zuständigkeit für die Schulen ab und erfand das Amt des Wissenschafts- und Kunstministers, um Maier zu ärgern. Der trat ab. Unter Hans Zehetmair fanden die Ministerien von 1990 bis 1998 wieder zusammen, ehe Stoiber Monika Hohlmeier die Schulzuständigkeit übertrug.
Der Begriff „Kultusministerium“ leitet sich nicht von der Kultur ab, sondern vom „Cultus“, dem in der Monarchie mit dieser Behörde verbundenen Zuständigkeit fürs Religiöse. Wegen der Länder-Hoheit über die Bildung ist das Schulministerium die mächtigere Position mit bundespolitischem Gewicht.
Als Mitglied im Kuratorium der Jesuitenhochschule, im Katholikenrat und im Katholischen Männerverein Hl. Geist ist Spaenle aus folkloristischen Gründen die ideale Besetzung auf dem Stuhl des legendären Alois Hundhammer, der zwischen der Politik Bayerns und der des Heiligen Stuhls kaum unterschied. Aber das ist nun mehr als ein halbes Jahrhundert her.
Spaenle setzte sich ehrlich für die Aufarbeitung der NS-Zeit ein, aber durch kunstpolitische Ideen fiel er bisher nicht auf. Die braucht der Amtsinhaber nicht. Das erledigt der für Kunst zuständige Ministerialdirigent Toni Schmid und die geräuschlose Bürokratie. Sie war räumlich im ehemaligen Theatinerkloster ohnehin nie getrennt. Vermutlich wird Spaenle ein paar Kompetenzen an das nach Nürnberg ausgelagerte Heimatministerium abgeben. Vernünftig wäre, endlich die beim Finanzministerium angesiedelte Schlösser- und Seen-Verwaltung endlich der Kultur zuzuschlagen.
Demnächst stehen die Verlängerung des Vertrags der Bayreuther Wagner-Schwestern und die Nachfolge von Ivan Liska beim Staatsballett zur Entscheidung an. Spaenle wird sich geräuschlos vom Konzertsaal am Deutschen Museum verabschieden, in den sich sein Kunst-Vorgänger Wolfgang Heubisch verrannt hatte, und hoffentlich einen besseren Standort suchen.
Uns wird dieser FDP-Mann fehlen, der wie ein normaler Mensch sprach und nicht nur Politikerblasen blubberte. Die Höchststrafe bleibt uns gottlob erspart: dass Horst Seehofer wie der Regierende Bürgermeister in Berlin den Kunstposten gleich selbst mit übernimmt.